Gastbeitrag von Klaus Mindrup MdB zu Klimaschutz und CO2-Preisen

Rolle des CO2 Preises und nötige Veränderungen der Abgaben und Umlagen

Bei allen Debatten um den sog. „CO2-Preis“ muss man sich vergegenwärtigen, dass das Ziel einer Regulierung die schnelle und deutliche Reduzierung der Emissionen aller klimaschädlichen Gase sein muss. Am Ende dieses Prozesses muss dies wahrscheinlich auch durch ordnungsrechtliche Verbote flankiert werden. Neben CO2 dürfen dabei die anderen klimaschädlichen Gase nicht vergessen werden, z.B. auch Narkosegase, die man inzwischen auffangen und aufbereiten kann. Hier muss deutlich schneller wirksames Ordnungsrecht wirken.

In der Übergangszeit bis zur völligen Durchsetzung klimafreundlicher Alternativen geht es darum, die externen Kosten der CO2-Emissionen Schritt für Schritt wirksam werden zu lassen, um damit klimafreundlichen Techniken bessere Marktchancen einzuräumen.

Das Ziel darf dabei nicht sein, möglichst hohe Einnahmen aus CO2-Bepreisungs-Systemen zu erhalten, sondern diese Einnahmen möglichst schnell auf Null zu führen, indem sich klimafreundliche Techniken durchsetzen. Deswegen ist es auch sinnvoll, dass die Einnahmen aus den CO2-Bepreisungssystemen (Europäischer Emissionshandel und Nationaler Brennstoff-Emissionshandel) nicht in den allgemeinen Haushalt fließen. Sie gehen im Augenblick in den Energie- und Klimafonds und fließen über Förderprogramme, Reduzierung der EEG Umlage sowie Entlastungen für Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen zurück. Diesen Ansatz teile ich voll.

Zwischen der COVID-Pandemie und der Klimakrise gibt es zahlreiche Parallelen,  der größte Unterschied ist der zeitliche Verlauf.  Die  Klimakrise läuft im Vergleich zur Pandemie in Zeitlupe ab, mit der Gefahr, dass irreversible Kipppunkte nicht wahrgenommen werden. Die Parallelität besteht darin, dass wir inzwischen durch Innovationen in der Lage sind, auf beide Krisen angemessen zu reagieren und dies weltweit.

Was die Impfstoffe zur Bekämpfung der Pandemie sind, sind die Erneuerbaren Energien PV und Wind sowie eine ökologische Kreislaufwirtschaft für eine klimafreundliche Wirtschaft.

Wind und PV werden Jahr für Jahr effektiver und damit kostengünstiger. Es stimmt auch nicht, dass wir in der EU und Deutschland nicht genügend Potentiale haben, um uns selbst mit Energie zu versorgen. Wichtig ist, dass man erkennt, dass es nicht bloß darum geht, fossile Kraftwerke im Stromsektor durch Erneuerbare zu ersetzen. Elektrisch angetriebene Prozesse werden stark zunehmen und somit der Stromverbrauch steigen. Durch die größere Effizienz elektrisch anstatt thermisch angetriebener Prozesse wird parallel der Endenergieverbrauch sinken. Dies wird man ganz deutlich im Bereich der Elektromobilität sehen. Der Energieverbrauch von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen liegt ungefähr bei einem Drittel eines Verbrenners. Weiterhin ist die Technik eines batterieelektrischen Autos deutlich einfacher als die eines fossilen Verbrenners. Mit sinkenden Kosten der Batterien und steigenden Effizienzen in der Serienfertigung ist klar, dass in wenigen Jahren batterieelektrische Fahrzeuge in Anschaffung und Betrieb kostengünstiger als die fossilen Alternativen sein werden. Eine ähnlich dynamische Entwicklung sehen wir gerade bei den Wärmepumpen, die immer effizienter und günstiger werden. In der chemischen Industrie laufen gerade die Planungen für die Umstellung von Hochtemperaturprozessen von Gas auf Strom an. Auch in der Wasserstoff-Wirtschaft wird es in den nächsten Jahren große Fortschritte geben. Im Energiesystem werden die Anwendungen stark in Richtung Strom (Elektronen) verschoben werden, aber auch auf Moleküle wie Wasserstoff wird man nicht verzichten können.

Wegen der deutlich höheren Effizienz von PV (ca. Faktor 50)  gegenüber Energiepflanzen macht es Sinn, diese Anwendung massiv zu fördern, da sie auch für den Boden- und Artenschutz erhebliche Vorteile hat (von Haaren 2021).

Bedingt durch den deutlich höheren Einsatz von Strom in den Sektoren Verkehr und Wärme muss das Energiesystem der Zukunft anders als heute ganzheitlich geplant werden. Zwingend ist ein dezentraler, zellulärer Ansatz, auch für die Vermarktung von Strom aus Erneuerbaren Energien.

Dieser Ansatz muss um eine ökologische Kreislaufwirtschaft ergänzt werden. Gemeinsam mit Polina Gordienko habe ich am 01.09.2020 veröffentlicht, warum wir neue Regeln brauchen.

Warum wir die Doppelte Klimabuchführung brauchen – Tagesspiegel Background

„Die Klimaschutzpolitik – national wie international – ist geprägt vom Quellprinzip, was bedeutet, dass die Treibhausgasemissionen jeweils dem Sektor zugeordnet werden, in dem sie physisch in die Atmosphäre entweichen. Dieses System hat allerdings große Schwächen und muss mit dem Verursacherprinzip und klaren Kriterien zum Schutz der biologischen Vielfalt und der Kreislaufwirtschaft verbunden werden.
….,
Ähnlich wie in der Betriebswirtschaft nur die doppelte Buchführung zu guten Ergebnissen führt, sollte man auch in der Klimapolitik eine Berichterstattung aus unterschiedlichen Perspektiven implementieren.

Wenn man nur das Quellprinzip isoliert anwendet, scheint beispielsweise im Gebäudesektor die Schwerpunktsetzung auf die Gebäudedämmung die wichtigste Maßnahme zu sein. Wenn man aber das Verursacherprinzip anwendet, dann wird klar, dass auch der „ökologische Rucksack“ der Baumaterialien betrachtet werden muss und dass ab einer bestimmten Dämmstärke – je nach Material – die Klimabilanz der Dämmung über die Lebenszeit sogar negativ wird. Weiterhin sollte man analysieren, ob die eingesetzten Materialien die biologische Vielfalt bedrohen oder gegen Prinzipien der Kreislaufwirtschaft verstoßen.“

Die Initiative Bauhaus der Erde, die ich als Botschafter unterstütze, zeigt die Alternativen für eine umfassende Bauwende auf. Home | Bauhaus der Erde

Warum erwähne ich diese Beispiele in einem Artikel über CO2-Bepreisung? Ich möchte deutlich machen, dass die CO2-Bepreisung ein wichtiges Steuerungsinstrument ist, dass aber klug in einem Gesamtkonzept einer sozial-ökologischen Steuerreform eingesetzt werden muss, um möglichst kosteneffizient und sozialverträglich die notwendige Umstellung auf eine klimafreundliche Gesellschaft zu erreichen.

Jenseits der Frage der Exporte, wird der Einsatz von Bauholz in Deutschland mehrfach benachteiligt. Holz, das verbrannt wird, ist anders als Bauholz mit einem reduzierten Mehrwertsteuersatz begünstigt. Die Baustoffe, mit denen Holz konkurriert, sind zwar – vor allem im ETS – integriert, bekommen dort aber kostenlose Zuteilungen von CO2-Zertifikaten, da sie nicht nur in Konkurrenz zu Holz, sondern auch in Konkurrenz zu Importprodukten außerhalb des europäischen Wirtschaftsraumes stehen.

Im Bereich der Baustoffe werden wir unsere Klimaziele erst dann erreichen, wenn in der EU eine faire Bepreisung erfolgt und über den CO2-Grenzausgleich Umweltdumping durch Importe verhindert wird. Erst dann wird es in der EU eine faire „Materialkonkurrenz“ und Raum für Innovation in Richtung z.B. auf moderne Carbonfasern geben.

Im Bereich der Sektoren-Kopplung sieht es ähnlich aus. Die SPD hat gegen große Widerstände des Ministeriums für Wirtschaft und Energie durchgesetzt, Photovoltaik-Anlagen bis 30 Kilowatt und Speicher, wie durch EU-Recht vorgegeben, nicht mehr mit Abgaben und Umlagen zu belasten. Diese Lösung muss im nächsten Schritt auch auf Mehrfamilienhäuser, Gewerbetriebe, Quartiere und Dörfer übertragen werden. Dies würde die Energie-Revolution auslösen, die wir dringend brauchen. Verbunden werden muss dies mit der Möglichkeit der dezentralen Vermarktung von Strom aus Erneuerbaren Energien, die nur zu einem kleinen Teil an zentralen Plattformen vermarktet gehört.

Parallel muss die Diskrimierung von Großspeichern beendet werden, sie verschieben die Nutzung von Strom zeitlich und sind keine Verbraucher. Weiterhin sind sie notwendig, damit Strom aus PV und Wind terminmarktfähig wird. Volatile Erneuerbare brauchen die Speicher als Zwilling. Damit würde dieser Strom sofort konkurrenzfähig. Aktuell liegt der CO2 Preis im ETS bei ca. 50 €/t CO2. Der Terminmarktpreis für Strom liegt gerade für das Kalenderjahr 2022 bei knapp über 69 €/MWh. Allerdings ist bereits für das Kalenderjahr 2023 der Preis bei unter 63 €/MWh und für das Kalenderjahr 2024 bereits nur bei ca. 58 €/MWh. Das zeigt, dass hier im Jahr 2022 besondere Faktoren einspielen (u.a. Abschaltung von großen Kraftwerksblöcken) die allerdings nur temporären Einfluss auf den Terminmarktpreis haben sowie die Erwartungshaltung der Märkte, dass der Zubau erneuerbarer Kapazitäten zu einer Senkung der Strompreise führt.

Ein wichtiger erster Schritt ist deswegen die schnelle Abschaffung der EEG-Umlage, weil sie sofort einen Befreiungsschlag für die Sektoren-Kopplung auslösen würde, z.B. bei Großwärmepumpen und Stromanwendungen in der Industrie. Verbunden werden muss dies mit einem Zukunftspakt für die Energiewende mit Bund, Ländern und Kommunen, um endlich ambitionierte Ausbaupfade sowie Flächenzusagen zu vereinbaren, mit denen wir unsere Klimaziele wirklich erreichen können.

Dies sollte man koppeln an einen Mindestpreis für CO2 im ETS, wobei angesichts der Kostendegression bei PV und Wind und Speichern wahrscheinlich sogar 50 €/t CO2 verbunden mit der Abschaffung der EEG Umlage ausreichend sind.

Die Kosten der Erneuerbaren und der Speicher werden weiter sinken, dies gilt dann auch für die Wasserstoff-Erzeugung. Damit werden die klimafreundlichen Alternativen in fast allen Anwendungsgebieten deutlich unter einem CO2-Preis Emissionen 180 Euro2016 pro Tonne Kohlendioxid (t CO2), den das Umweltbundesamt als zentralen Kostenansatz für die Klimakosten ermittelt hat, kostengünstiger als die fossilen Alternativen. Wichtig ist es jetzt dezentrale Transformationsdialoge in den Städten und Gemeinden und mit den Unternehmen unter Einbezug der Tarifpartner zu organisieren, um konkrete Modellprojekte für 100% Klimaschutz umzusetzen und dazu in der Übergangsphase auch noch die Mittel aus dem Energie- und Klimafonds zu nutzen.

Parallel muss die  Abschaffung der EEG Umlage  mit einer  umfassenden sozial-ökologische Steuer-Reform verbunden werden, die konsequent auf den CO2-Ausstoß und eine ökologische Kreislaufwirtschaft ausgerichtet ist. Dann werden die klimafreundlichen Alternativen sich deutlich schneller durchsetzen, zugleich wird die Wertschöpfung in unserem Land gesteigert und die negativen Folgekosten gesenkt.

Klaus Mindrup, MdB (SPD)

Quelle: CO2 Kosten: Gesellschaftliche Kosten von Umweltbelastungen | Umweltbundesamt


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Gastbeitrag von Rüdiger Kruse MdB zu Klimaschutz und CO2-Preisen

Rolle der CO2-Bepreisung als Beitrag zum Klimaschutz im Unions-Wahlprogramm

In unserem Wahlprogramm bekennen wir uns ganz klar zu den Pariser Klimazielen als Grundlage für unsere internationale Verantwortung als Industrieland. Politik, Industrie und Gesellschaft müssen sich gemeinsam um beste Lösungen bemühen. Nicht umsonst wird von einer „Jahrhundert-Transformation“ im Wahlprogramm gesprochen. Unsere Verpflichtung, Deutschland bis 2045 zur Treibhausgasneutralität zu führen, bestätigen wir hier nochmals. Schon bis 2030 wollen wir Deutschlands Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1990 um 65% reduzieren, eine sehr ambitionierte Zielsetzung unseres Wahlprogramms. Ich bin überzeugt, dass wir dieses Ziel erreichen werden.

Weltweite CO2-Neutralität
Der nächste Schritt wird dann die Erreichung der 88% Minderung im Jahr 2040 sein, bevor wir 2045 das Endziel Treibhausgasneutralität für Deutschland erreicht haben. Doch der wirkliche Erfolg ist für mich erst da, wenn die weltweite CO2– Neutralität erreicht ist, in unserem Wahlprogramm als Ziel für 2050. Erfahrungsgemäß bieten marktwirtschaftliche Instrumente eine Garantie für wirtschaftlichen Erfolg. Eine starke Wirtschaft ist Grundlage unseres Wohlstands, den Beweis sehen wir gerade bei der Bewältigung der Pandemie-Folgen. Darum haben wir in unserem Wahlprogramm den europäischen Emissionshandel als wesentliches Instrument zur Erreichung der Klimaneutralität festgeschrieben. Der Aufwuchspfad der CO2-Bepreisung soll gestrafft werden und so einen schnellen Übergang zum Europäischen Emissionshandel für Mobilität und Wärme ermöglichen.

Rückgabe der Einnahmen aus dem Emissionshandel an Bürgerinnen und Bürger
Selbstverständlich ist für die CDU/CSU auch hier der Aspekt der Nachhaltigkeit, der Einklang von Ökonomie, Ökologie und Sozialem. Daher haben wir im Wahlprogramm die Rückgabe der Einnahmen in vollem Umfang aus dem Emissionshandel an die Bürgerinnen und Bürger und an die Betriebe zugesagt. Durch Abschaffung der EEG-Umlage wird es zu einer spürbaren Senkung der Stromkosten kommen. Weiterhin ist geplant, Investitionen in Klimatechnologien und Maßnahmen zur Energieeffizienz besser steuerlich absetzbar zu gestalten. Damit schaffen wir Anreize für Unternehmen und Bürgerinnen und Bürger, ihren Beitrag zur Klimaeffizienz zu leisten. Schon die Transformation der Unternehmen zu mehr Klimaeffizienz stärkt unsere Wirtschaft und schafft und sichert Arbeitsplätze. Im internationalen Wettbewerb werden Unternehmen, die mit hoher Energieeffizienz produzieren, Vorteile genießen.

Verlagerung von Unternehmen in Drittstaaten verhindern
Bei allen Maßnahmen werden wir darauf achten, das Ziel der weltweiten CO2-Neutralität sicher zu erreichen. Klimaschutz endet nicht an den europäischen Außengrenzen.Darum haben wir in unserem Wahlprogramm verankert darauf zu achten, dass Produktionen nicht in Drittstaaten mit weniger strengen Klimaschutzstandards ausgelagert werden. Damit würden wir dem Klimaschutzziel einen völlig kontraproduktiven Dienst erweisen. Der Carbon-Leakage-Schutz hat oberste Priorität bei allen unseren Maßnahmen. Entsprechend unserem Wahlprogramm werden wir uns international für höhere Standards einsetzen und in internationalen Klimakooperationen diese Standards etablieren. Mit unseren erprobten Technologien können wir hier einen wesentlichen Beitrag leisten und sichern auch wieder Arbeitsplätze in Deutschland, aber auch in den entsprechenden Partnerländern, deren Wirtschaft mit den deutschen Technologien arbeiten kann und somit für Wohlstand in diesen Ländern sorgt. Und damit haben wir auch einen Beitrag zur Erreichung der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung geleistet.

Ein weiterer Punkt unseres Wahlprogramms ist, neben der Einbeziehung der Unternehmen, auch die Einbeziehung der Verbraucherinnen und Verbraucher. Durch entsprechende Kennzeichnung soll jeder Konsument sofort erkennen, welche CO2-Bilanz das Produkt hat. Das Interesse der Bürgerinnen und Bürger an nachhaltiger Lebensführung und nachhaltigen Produkten nimmt in allen Altersgruppen zu. Die Sorge um unser Klima wächst.

Mit dem Wahlprogramm hat die CDU/CSU eine Antwort auf diese Fragen entworfen. Es sind die Fragen der heutigen und der künftigen Generationen. Unser Wahlprogramm ist ein Programm für eine bessere und lebenswerte Zukunft. Die Union will die Transformation unseres Landes zur Nachhaltigkeit bewerkstelligen, Deutschland soll klimaneutral werden und wirtschaftlich stark bleiben.

Deutschland nachhaltig machen. Jetzt!

Rüdiger Kruse, MdB (CDU)


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Gastbeitrag von Dr. forest Christoph Hoffmann MdB zu Klimaschutz und CO2-Preisen

„Liberaler Klimaschutz: hart – klar – machbar!“

Die FDP hat die Chance genutzt. Sie stellt sich mit ihrem öko-liberalen Konzept an die Spitze der Troubleshooter der Klimakrise. Ihr Klimaschutzprogramm greift das Alarmsignal des IPCC Berichtes auf und zeigt Lösungswege zur Umsetzung der erforderlichen Reduktion der Treibhausgasemissionen. Dabei wird der EU-Emissionshandel durch die Bepreisung von CO2, ausgedehnt auf die Sektoren Gebäude und Mobilität, als zentrales Steuerungsinstrument zur Erreichung der ambitionierten Klimaziele erkannt.

Die wissenschaftlichen Erkenntnisse zeigen, dass die Folgen des durch den Menschen gemachten Klimawandels nur durch entschlossenes und schnelles Handeln gemildert werden können. Statt jedoch die Wirtschaft mit immer neuen staatlichen Ge- und Verboten zu gängeln, will die liberale Klimaschutzpolitik durch Anwendung des Verursacherprinzips mit flexiblen marktwirtschaftlichen Instrumenten technologieoffene und innovationsfreundliche Rahmenbedingungen schaffen. Nur so lassen sich die anspruchsvollen Umweltziele konsequent und kostenoptimal erreichen.

Der Umbau unserer bisher vorrangig nuklear-fossilen Energiewirtschaft zu einer Low Carbon Economy ist ein Jahrhundert-Investitionsprojekt und soll nach den Vorstellungen der Liberalen in enger Kooperation von privaten und staatlichen Investitionen vorangebracht werden. Insbesondere der Mittelstand kann über Jahrzehnte davon profitieren, indem er schnell und innovativ die sich bietenden Chancen nutzt. Dazu sollen schnellstmöglich staatliche planerische Hindernisse aus dem Weg geräumt werden.

Zum Ausgleich unvermeidbarer Emissionen will die FDP weltweit verstärkt den Wald nutzen, um mit der Fotosynthese zusätzlich gepflanzter Bäume CO2 zu binden und mit entwicklungspolitischen Initiativen die bisherige Waldzerstörung deutlich zu vermindern.

10-Punkte-Plan zur Operationalisierung der Liberalen Klimapolitik

Der Aktionsplan zum Klimaschutz zeigt, wie die Freien Demokraten die oben beschriebenen Leitlinien ihrer Klimaschutzpolitik konkretisieren und operationalisieren. Er zeigt in aller Schärfe das klimapolitische Profil der Liberalen und stellt heraus, dass wirksamer Klimaschutz ohne Gängelung und Verbote möglich ist. Damit grenzen sich die Freien Demokraten in diesem zentralen, für unsere Gesellschaft so wichtigen Politikfeld gegen das autoritative Gesellschaftsverständnis der Grünen und ihrer Vorfeldorganisationen ab.

Im Einzelnen liegt der Fokus der liberalen Klimaschutzpolitik auf folgenden Maßnahmenpaketen:

1. Den Emissionshandel schrittweise globalisieren:
Ein umfassendes Emissionshandelssystem, das den globalen CO2-Ausstoß auf ein festgesetztes Limit begrenzt und über einen einheitlichen CO2-Preis Investitionen in die Verringerung der Emissionen anreizt, ist das sinnvollste Klimaschutzinstrument. Damit hält Deutschland nicht nur zuverlässig seine Klimaschutzverpflichtungen ein, sondern erzeugt auch einen Wettbewerbsdruck an den Märkten, der Innovationskräfte für die CO2-sparsamste Technologie freisetzt. Zusätzlich zum Ziel, das EU-ETS auf alle Sektoren auszuweiten, wollen wir Liberalen auch die geographische Erweiterung des Systems vorantreiben. Weltweit existieren bereits mehr als 60 Emissionshandelssysteme; rund ein Drittel der Weltbevölkerung lebt in einer Region, in der Emissionsrechte gehandelt werden. Ein erster wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem globalen ETS wäre daher eine Verknüpfung bestehender Systeme durch die gegenseitige Anerkennung von Zertifikaten.

2. CO2-Kreislaufwirtschaft durch Marktanreize für die Treibhausgasbindung schaffen:
Es gibt viele Möglichkeiten, CO2 aus Industrieprozessen als Rohstoff zu nutzen (Carbon Capture and Utilization, CCU) – beispielsweise in der chemischen Industrie als Ersatz für Erdöl in der Kunststoff-produktion. So entsteht eine CO2-Kreislaufwirtschaft, die industrielle Prozesse klimafreundlich macht. Enormes Potential haben außerdem CCU-Verfahren im Bereich „Power-to-X“, in denen aus erneuerbarem Strom und CO2synthetisches Gas, Wasserstoff oder auch Kraftstoffe (E-Fuels) erzeugt werden. Wer künftig CO2 aus der Atmosphäre entfernt und in irgendeiner Form bindet – sei es organisch oder in der Herstellung neuer Produkte (CCU) – könnte davon finanziell durch den Erhalt von ETS-Zertifikaten profitieren, die frei am Markt verkäuflich sind. Das wäre auch ein immenser Schub für die Aufforstung von Wäldern weltweit. Eine ergänzende Forschungsförderung und der Abbau regulatorischer Hürden können helfen derartige Technologien zur Marktreife zu bringen.

3. Klimaneutrale Mobilität mit synthetischen Kraftstoffen:
Nicht nur die Elektromobilität, sondern alle technologischen Möglichkeiten für einen klimafreundlichen Verkehr sollen genutzt werden. Über den Antriebsmix der Zukunft soll der Wettbewerb, nicht die Politik entscheiden. Neben grünem Wasserstoff können auch aus erneuerbarem Strom und CO2 synthetisierte Kraftstoffe wichtige Bausteine sein. E-Fuels geben dem bewährten Verbrennungsmotor eine klimaneutrale Zukunft. Um große Mengen zu produzieren, sind massive Investitionen in Forschung und Entwicklung notwendig. Hier müssen regulatorische Hürden abgebaut werden. Die Befreiung von netzseitigen Umlagen und Entgelten ist zu prüfen, denn die hohen Belastungen des Strompreises im Vergleich zu fossilen Kraftstoffen machen E-Fuels unrentabel. Das klimapolitisch kontraproduktive EEG erweist sich hier als besondere Innovationsbremse. Außerdem sollte die Nutzung von E-Fuels ähnlich wie Elektroautos auf die EU-Flottengrenzwerte angerechnet werden. Für die Produktion größerer Mengen E-Fuels bieten sich die sonnen- und windreichsten Regionen der Erde an. Damit präsentieren sich den bereits heute im Bereich der Elektrolyse-Technik tätigen deutschen Unternehmen exzellente Exportmöglichkeiten.

4. Technologiefeindliche Rechtslage ändern, um Carbon Capture and Storage (CCS) in Deutschland zu ermöglichen:
Weder vermeidbares noch nutzbares CO2 muss zwingend in die Atmosphäre gelangen. Es ist technisch möglich, CO2 aus Abgasen abzuscheiden und anschließend geologisch zu speichern. Das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, so der Sonderbericht des Weltklimarats IPCC von Oktober 2018, ist ohne CCS praktisch nicht erreichbar. Deutschland hat sich durch erfolgreiche Modellprojekte in der Lausitz eine führende Position im Bereich der CCS-Technologie erarbeitet. CCS ist aus sicherheitstechnischer Perspektive unbedenklich, wie u.a. der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages in einer im Sommer 2018 erstellten Studie bestätigt. Trotzdem ist die Skepsis in der Bevölkerung gegenüber dieser Technologie ernst zu nehmen, um eine gesellschaftliche Akzeptanz zu erreichen. Ein Rechtsrahmen für den sicheren Einsatz von CCS und mehr Forschung und Entwicklung ist unbedingt erforderlich. Finanzielle Anreize würden sich für die Industrie durch die Befreiung von der Zertifikatspflicht im EU-ETS ergeben.

5. Mit Geo-Engineering klimafreundliche Chancen für strukturschwache Regionen schaffen:
Maßnahmen, die unter den weiten Begriff Geo-Engineering fallen, unterliegen in Deutschland einer strengen, teils technologiefeindlichen Regulierung. Der jüngste Bericht des Weltklimarats IPCC hat verdeutlicht, wie wichtig der Entzug von CO2 aus der Atmosphäre für die Erreichbarkeit der Klimaziele des Pariser Abkommens ist. Gerade die organische CO2-Speicherung hat ein großes Potenzial, etwa die schnelle Aufzucht großer Mengen Algen durch Düngung. Algen sind sehr potente CO2-Speicher, die als Biomasse zur Energiegewinnung beitragen oder zu Karbonfasern verarbeitet und dauerhaft eingelagert werden können. Solche Geo-Engineering-Maßnahmen wollen wir ermöglichen und fördern, insbesondere dort, wo der klimapolitische Strukturwandel stattfindet.

6. Innovative Methoden für die Landwirtschaft:
Innovative Methoden in der Landwirtschaft können einen wichtigen Klimaschutzbeitrag bei gleichzeitiger Sicherung der Versorgung einer wachsenden Weltbevölkerung leisten. Beispiele hierfür sind die Grüne Gentechnik, die klimaschonende Anbaumethoden erleichtert und die Anpassungsfähigkeit der Landwirtschaft an den Klimawandel erhöht. Die Klimabelastung des steigenden Fleischkonsums lässt sich durch Herstellung von In-Vitro-Fleisch reduzieren. Verbraucher müssen die Wahl haben – aber die Forschung, Entwicklung und Markteinführung von Gentechnik und innovativen Lebensmitteltechnologien dürfen kein Tabu mehr sein.

7. Technologietransfer und marktwirtschaftliche Entwicklungspolitik:
Klimaschutz muss künftig eine größere Rolle in der Entwicklungspolitik spielen. Durch Technologietransfer können deutsche Unternehmen neue Märkte erschließen, einen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung leisten und klimafreundliches Wachstum ermöglichen. Außerdem müssen weltweit Abkommen etwa zum Schutz des Regenwalds oder zur Aufforstung geschlossen werden.

8. Durchsetzung der internationalen Ächtung negativer Waldbilanzen (staatlich gebilligte Waldvernichtung) vor den Vereinten Nationen.

9. Aufbau eines multilateralen Fonds für die Aufforstung durch Waldbauern und dörfliche Gemeinschaften mit direkter Vergütung durch eine auf einer Smartphone-Oberfläche installierten App.

10. Einführung eines vereinfachten REDD+ zur Finanzierung der Aufforstungen unter einem Mandat der Vereinten Nationen.

Das liberale Klimaschutzprogramm setzt der derzeitigen, von dystopisch-pessimistischen, fortschritts- und wachstumsfeindlichen Weltbildern geprägten Debatte eine optimistische Vision entgegen, die den Klimaschutz durch Kreativität, Fortschritt und moderne Technologien mit steigendem Wohlstand in Einklang bringt und das wirtschaftliche Wachstum vom CO2-Ausstoß entkoppelt. Sein zentrales Ziel ist eine wirksame Begrenzung von Emissionen und ein einheitlicher CO2-Preis mittels eines globalen Emissionshandelssystems (ETS). Auf dem Weg dorthin soll kurz- bis mittelfristig eine Ausweitung des EU-Emissionshandels (EU-ETS) zunächst auf nationaler und schnellstmöglich auch auf europäischer Ebene etabliert werden. Mit kreativen Ideen für einen innovativen Klimaschutz wollen wir den Weg zu diesem Ziel gestalten.

Dr. forest Christoph Hoffmann, MdB (FDP), Schliengen, den 07.06.2021


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Gastbeitrag von Lisa Badum MdB zu Klimaschutz und CO2-Preisen

Mehr Klimaschutz wagen

Ein Preis, der die ökologische Wahrheit sagt, der mehr soziale Gerechtigkeit schafft und der klimaneutrales Wirtschaften von morgen ermöglicht

Das Karlsruher Klimaschutzurteil hat uns einen klaren klimapolitischen Auftrag gegeben und ist gleichzeitig ein Appell. Klimaschutz schafft Freiheit und sorgt für Generationsgerechtigkeit – doch das ist kein Selbstläufer. Darum bedarf es eines durchdachten und konsequenten Instrumentenmix, der bereits heute Wirkung entfaltet, um das Morgen zu schützen. Dafür braucht es einen Dreiklang aus gezielter Förderung, Ordnungsrecht, das die notwendigen Standards setzt, und einem Preissignal, das Klimaschutz finanziell lohnend macht.

Der CO2-Preis ist dabei ein zentraler Baustein, um auf den Pariser Klimaschutzpfad von 1,5 Grad Celsius zu kommen. Der Kampf gegen die Klimakrise wird ohne steigende Preise für fossile Energien nicht funktionieren. Zugleich ist der Status Quo sozial ungerecht. Fossile Subvention in Milliardenhöhe steht einer umfassenden ökologisch-sozialen Transformation entgegen. Zeitgleich werden Klimaschäden vergesellschaftet und unter den Folgen der Klimakrise leiden bereits heute vor allem die Schwächsten unserer Gesellschaft. Zuschauen ist keine Option. Nicht für uns Grüne. Unser Konzept heißt mehr Klimaschutz wagen.

Den Status Quo gestalten, statt verwalten

Seit dem 1. Januar 2021 gilt das nationale Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) im Bereich Wärme, Verkehr und in jenen Teilen der Industrie, die nicht dem EU-Emissionshandel unterliegen. Zugegeben, das BEHG in dieser Form war nicht unsere erste Wahl. Aber angesichts der fortschreitenden Klimakrise ist es wichtig, dass jetzt schnell ein wirksamer CO2-Preis für alle fossilen Brennstoffe in Kraft getreten ist. Nun gilt es, in der nächsten Wahlperiode die ökologische Lenkungswirkung des CO2-Preis zu stärken und gleichzeitig diesen sozial gerecht auszugestalten.

Dem CO2 einen Preis geben – für mehr soziale Gerechtigkeit und ein klimafreundliches Wachstum.

Jeden Euro der eingenommen wird, wollen wir direkt an die Menschen zurückverteilt – auf vielfache Weise. Wir schlagen vor, die Erhöhung des CO2-Preises auf 60 Euro auf das Jahr 2023 vorzuziehen. Danach soll der CO2-Preis so ansteigen, dass er im Konzert mit den Fördermaßnahmen und ordnungsrechtlichen Vorgaben die Erfüllung des neuen Klimaziels 2030 absichert. Damit die Erhöhung des nationalen CO2-Preises auch sozial gerecht wirkt, müssen die Einnahmen aus dem CO2-Preis direkt an die Menschen zurückgegeben werden. Das Energiegeld in Höhe von anfänglich 75 Euro pro Kopf wird den Bürgerinnen und Bürgern zu Jahresbeginn ausgezahlt. So geht der Staat in Vorleistung und die Auszahlung kann zum Beispiel über eine Verknüpfung mit der Steuer-ID erfolgen.

Auf diese Weise wird klimafreundliches Verhalten belohnt und es findet ein sozialer Ausgleich im System statt. Gerade Haushalte mit höheren Einkommen haben im Schnitt einen größeren CO2-Fußabdruck durch mehr Wohnraum, der zu heizen ist, oder PS-stärkere Autos. Sie zahlen also mehr. Viele Studien, zum Beispiel von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, zeigen, dass ein CO2-Preis mit einem fairen Ausgleich wie dem Energiegeld sozial gerecht wirkt. Unterm Strich werden damit vor allem Geringverdiener*innen und Familien entlastet. Bezieher*innen von Transferleistungen wie Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe profitieren ebenfalls, da das Energiegeld nicht auf die Grundsicherung angerechnet werden soll. Zusätzlich legen wir für besonders Betroffene einen Klimabonus-Fonds auf, der mit großzügigen Hilfen unterstützt, z.B. beim Kauf eines emissionsfreien Fahrzeugs.

Wichtig ist auch, dass im Zuge der Einführung des BEHG jetzt die Stromrechnung sinkt. Die Senkung der EEG-Umlage sorgt für einen fairen Ausgleich der zusätzlichen CO2-Kosten in Form sinkender Preise für Strom, der heute schon zu deutlich über 50 Prozent aus erneuerbaren Quellen stammt. Die Senkung der Strompreise ist gerade für kleine und mittelständische Unternehmen ein wichtiges Entlastungssignal und schafft die Grundlage für eine Stärkung der Sektorkopplung.

Mieter-Vermieter Dilemma – die Lösung liegt auf dem Tisch

Wir denken den CO2 Preis ganzheitlich. Darum machen wir uns dafür stark, dass Mieter*innen nicht im Regen stehen gelassen werden, so wie es jetzt die Bundesregierung getan hat. Die SPD konnte sich nicht gegen die Union durchsetzen mit ihrer Forderung, den CO2– Aufpreis im Wärmebereich zu 50 Prozent von Vermieter*innen zahlen zu lassen. Nun tragen aktuell die Mieter*innen die kompletten CO2 Kosten, ohne den Energieträger beeinflussen zu können bzw. den Zustand des Gebäudes. Das ist sozial ungerecht, verantwortungslos und löst keine Investitionsimpulse im Gebäudebestand aus. Durch den CO2-Preis im Wärmebereich soll aber gerade eine Lenkungswirkung erzielt werden, die Klimaschutzanreize auslösen und die Umstellung auf erneuerbare Energien vorantreiben. Daher sind die Kosten gemäß dem Verursacher-Prinzip vollständig durch die Vermietenden zu übernehmen. Flankiert durch unser 9 Mrd. Euro Faire-Wärme-Programm schaffen wir so gerechten Klimaschutz in die vier Wände zu holen.

Die CO2-Bepreisung als Anreiz für klimafreundliche Alternativen und Verhalten

Ein kurzer Blick zurück. Verkündete der Staatssekretär des Bundeswirtschaftsministerium Andreas Feicht noch Anfang 2019 auf dem Neujahrsempfang des Bundesverbandes Erneuerbare Energie, dass es diese Wahlperiode keinen CO2 Preis mehr geben würde – müssen wir feststellen: Das war eine völlige Fehleinschätzung. Dank der Klimagerechtigkeitsbewegung und vielen gesellschaftlichen Akteuren, die für mehr Klimaschutz auf die Straße gingen, ist das Thema nicht mehr aus der öffentlichen Debatte wegzudenken.

Längst hat sich die Überzeugung durchgesetzt, dass mit dem Klima nicht zu verhandeln ist und gleichzeitig eine große Chance in einer zukunftsgewandten Klimapolitik liegt. Viele Unternehmen und Betriebe haben das bereits erkannt und sind oftmals viel weiter als ihre Branchenverbände und die Regierungspolitik. Diese Innovations- und Entwicklungskraft müssen und wollen wir Grüne nutzen und stärken. Ein wirksamer CO2-Preis sorgt dafür, dass Klimaschutzinvestitionen nicht erst in ein paar Jahren, sondern schon heute voll rentabel werden. Gleichzeitig gehen Innovation und Klimaschutz Hand in Hand. Aus diesem Grund wollen wir ein Investitions- und Transformationsprogramm für die nächste Dekade auflegen, das 500 Milliarden Euro umfasst und damit die Basis für eine grundlegende Modernisierung des Standorts Deutschland legt. Dieses umfasst Investitionen in Bildung, Digitalisierung, Gesundheit und Pflege, Wohnen, Forschung und Innovation, Klimaschutz und Nachhaltigkeit und ermöglicht verlässliche Finanzzusagen für die Planungssicherheit der Wirtschaft.

Der CO2 Preis alleine ist keine Klimaschutz-Wunderwaffe und er wird auch keine ordentliche Sozialpolitik ersetzen können. Dennoch wird es unsere Aufgabe sein, den CO2 Preis in ein Gesamtkonzept der sozial-ökologischen Transformation zu integrieren und dem Klimaschutz zum Chancentreiber der Zukunft zu gestalten. Die Zeit ist jetzt gekommen – mehr Klimaschutz zu wagen.

Lisa Badum, MdB (Bündnis 90/Die Grünen)


Diese und weitere Vorschläge für konkrete Ideen zum Klimaschutz finden Sie imm Klima-Chancen-Blog sowie unter www.wählbar2021.de

CO2-Bepreisung und Mittelverwendung in den Wahlprogrammen

Anfang Juni nahm die Diskussion um steigende CO2-Preise absurde Züge an, wiedereinmal entzündet am geplanten höheren CO2-Preis.

Wahlprogramme im CO2-Preis-Check

Wir haben uns die Wahlprogramme von Bündnis 90 / Die Grünen, CDU/CSU, Die Linke, FDP und SPD näher angeschaut und untersucht, welche Aussagen sie zur Reform und Weiterentwicklung von CO2-Preisen sowohl in Bezug zum Europäischen Emissionshandel als auch zum nationalen Brennstoffemissionshandelsgesetz treffen. Das Ergebnis? So manche überraschende Übereinstimmung. Und eine große Gemeinsamkeit. Aber lesen Sie selbst. Hier geht es zur Folienübersicht.

Gastbeiträge unserer Bundestagsmitglieder

Auch unsere Bundestagsmitglieder haben sich zu Klimaschutz und CO2-Preisen positioniert. Lesen Sie im Klima-Chancen-Blog, was sie zu sagen haben.

Initiative #wählbar2021 Bundestagskandidat*innen auf dem Klimaprüfstand

Am 15. Juni ist zudem mit einer Pressekonferenz #wählbar2021 Bundestagskandidat*innen auf dem Klimaprüfstand offiziell gestartet. Prof. Volker Quaschning, Annika Rittmann von Fridays for Future Deutschland, Ex-Fussballtrainer Volker Finke, Dr. Maren Glüer von Parents for Future Deutschland sowie Aysel Osmanoglu von der GLS Bank kommentierten den Start und was für sie #wählbar2021 bedeutet. #wählbar2021 benennt 19 Maßnahmenvorschläge mit einem Ziel: Die Erdüberhitzung auf 1,5° Celsius zu begrenzen. Fordern Sie Ihre*n Wahlkreiskandidat*innen auf, sich zu den Vorschlägen zu positionieren und bewerten Sie sie gern auch selbst. Hier geht es zu den Mitmach-Seiten.

Reform und Erweiterung des EU-Emissionshandels

In einem gemeinsamen Vortrag haben das Forum ökologisch-soziale Marktwirtschaft (FÖS) und der CO2 Abgabe e.V. in der 171. Sitzung der AG Emissionshandel beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit über Ansätze zur Reform und Erweiterung des EU-Emissionshandels informiert.

Ausweitung des Emissionshandels kostet zuviel Zeit

Ulf Sieberg machte für den CO2 Abgabe e.V. deutlich, dass eine zeitnahe Ausweitung des EU-Emissionshandels auf die Sektoren Wärme und Verkehr zuviel Zeit kostet. Zeit, die die Klimakrise nicht lässt. Im ersten Schritt müsste daher zunächst ein CO2-Mindestpreis im bestehenden EU-ETS für Stromerzeugung und Teile der Industrie eingeführt werden. Darüber hinaus müssten die Ausgabe von Verschmutzungsrechten an die Klimaziele von Paris angepasst und die kostenlose Zuteilung für die Industrie beendet werden.

Zahlreiche offene Fragen und ungeklärte Risiken

Eine Ausweitung auf Wärme und Verkehr in der EU erfordere zudem neben einem Mindestpreis auch einen Höchstpreis. Damit würde aber der Handel seiner größten Stärke, der begrenzten Ausgabe von Verschmutzungsrechten beraubt. Sieberg stellte daher die Frage, ob der Weg über eine CO2-basierte Reform der Energiebesteuerungsrichtlinie nicht der bessere und schnelle Weg sei. Dies wird von Teilen der Industrie abgelehnt, weil es bisher Einstimmigkeit im Europäischen Rat erfordert. Sieberg hielt dagegen, dass die meisten Mitgliedsstaaten bereits über eine solche CO2-basierte Energiesteuer verfügten und daher eine ETS-Ausweitung nicht deren oberste Priorität sei. Somit gäbe es hier ebenso Pfadabhängigkeiten wie bei der Zustimmung.

Preissensibilitäten in und zwischen den Mitgliedstaaten vollkommen unklar

Swantje Fiedler vom FÖS erläuterte im Anschluss die unterschiedlichen Vermeidungskosten in den Sektoren, warum die bestehenden Energiesteuern in der EU bei einer Reform und Erweiterung zu berücksichtigen seien und weitere offene Fragen.

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Wie weiter mit dem Europäischen Emissionshandel?

Im Juli will die Europäische Kommission mit dem „ Fit for 55“-Paket ihre Vorschläge zum Green Deal unterbreiten. Eine zentrale Rolle nimmt dabei die Weiterentwicklung des bestehenden Emissionshandels für Energieerzeugung und Teile der Industrie und seine Ausweitung auf die Sektoren Gebäude und Mobilität ein. Die EU Kommission hat mittlerweile angedeutet, dass sie ein separates System für ein vielversprechende Option hält. Wie dies umgesetzt werden könnte haben das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und der Brüsseler Think Bruegel im Kontext des Kopernikus-Projekts Ariadne in einer neuen Studie untersucht.

Kommt die Ausweitung des EU-Emissionshandels zu spät für das Erreichen der Klimaziele?

Doch was genau wäre dafür an regulatorischen Änderungen erforderlich und welche Chancen und Risiken bestehen insgesamt? Was bedeutet das für die deutsche Industrie, den nationalen Brennstoffemissionshandel und die nationalen Klimaschutzziele? Wie kann das heutige, von Ausnahmen geprägte Handelssystem bereits kurzfristig zu mehr Wirksamkeit in Sachen Klimaschutz führen? Und welche konkreten Schritte sind im Einzelnen in den 27 Mitgliedsstaaten der EU notwendig, die verschiedenen Sektoren tatsächlich zu einem System zu verschmelzen?

Digitales parlamentarisches Frühstück vom 19. Mai zum Thema wie weiter mit dem EU-Emissionshandel?

Am 19. Mai diskutierten unter der Schirmherrschaft von Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU), Klaus Mindrup (SPD), Dr. Christoph Hoffmann (FDP) und Lisa Badum (Bündnis 90/Die Grünen), welche nächsten Schritte erforderlich sind, den Emissionshandel weiterzuentwickeln. Ulf Sieberg, Leiter des Berliner Büros des CO2 Abgabe e.V. plädierte dabei zunächst für einen CO2-Mindestpreis im bestehenden EU-Emissionshandel, die Weiterentwicklung der Marktstabilitätsreserve und eine CO2-basierte Reform der Energiebesteuerungsrichtlinie, um zu zügigen Treibhausgasreduktionen zu gelangen. Sieberg betonte zudem die zahlreichen offenen Fragen und Risiken, die mit einer Ausweitung des EU-Emissionshandels auf Wärme und Verkehr verbunden seinen, die politisch schwer umsetzbar sei und sehr viel Zeit in Anspruche nehmen könne. Zeit, die es angesichts der Klimakrise nicht gebe.

Separater Emissionshandel für Heizen und Verkehr erfordert Preiskorridor ohne feste Cap

Dr. Michael Pahle vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) skizzierte anschließend, wie der weitere Weg hin zu einem sektorübergreifenden EU-Emissionshandel aussehen könnte. Dabei wurde deutlich, dass es keine Blaupause geben wird. Vielmehr beürfe es einzelner Reformschritte, die über den Zeitverlauf erst zu einem separaten und dann zu einem übergreifenden Emissionshandel führen könnten. Wann es soweit sei, sagte Pahle nicht. Dies hängt vom politischen Willen und Pfadabhängigkeiten der Mitgliedsstaaten genauso wie von der Lastenteilung ab.

Die Einführung eines separaten Emissionshandels für Heizen und Verkehr erfordere zunächst einen Preiskorridor mit Mindest- und Höchstpreis. Allerdings kann es in einem solchen System keine feste Begrenzung der Verschmutzungsrechte (Cap) geben – eigentlich die Stärke eines Handelssystems. Wird nämlich der Höchstpreis erreicht, müssen zusätzliche Zertifikate (über die Cap hinaus) ausgegeben werden. Damit garantiert ein solcher Emissionshandel nicht mehr, dass das Klimaziel erreicht wird. Einen Höchstpreis braucht es aber, um eine vorgezogene Preisintegration zu verhindern. Ansonsten drohen z.B. Hausbesitzende zulasten von Pendelnden die Zertifikate wegzukaufen. Oder bei einem sektorübergreifendem Emissionshandelssystem beide Gruppen zulasten der Industrie. Und das nicht nur in Deutschland selbst, sondern vor allem bei einem EU-Emissionshandel zwischen den unterschiedlichen Mitgliedsstaaten mit ihren unterschiedlichsten Preiselastizitäten. Zahlreiche Fragen sind hier ungeklärt, die Risiken nicht unerheblich.

Emissionshandel und CO2-basierte Energiesteuer nähern sich an

Löst man das Problem durch eine graduelle Anpassung des Höchstpreises nach oben, dann muss die Politik auch hier wie bei einer CO2-basierten Energiesteuer nachsteuern. Dann aber greift das Primat der Politik, nämlich nachzusteuern, auch noch auf dem Weg zu einem rein marktgetriebenen Handelssystem. Die Logik, das Handelssystem bedürfe keiner Nachsteuerung, gilt damit genauso wenig wie bei einer CO2-basierten Energiesteuer. Und es bräuchte auch weiterhin zusätzliche ordnunsgrechtliche Maßnahmen und Förderung, mit denen die klimapolitischen Ziele erreicht werden, eben auch weil es keine festeCap gibt.

Ausweitung des Emissionshandels kostet Zeit – die niemand hat

Die Ausweitung des Emissionshandes kostet damit Zeit, die angesichts der Klimakrise niemand hat. Und spätestens mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes sollte deutlich geworden sein, dass es auf die Treibhausgasreduktion der nächsten Jahre ankommt. Ohne schnell wirksamere Maßnahmen sind alle Ziele nichts. Die CO2-Bepreisung ist dabei die wichtigste ökonomische Grundlage. Aber nicht die „eierlegende Wollmilchsau“, für die sie so mancher verkaufen will. All das gilt es sich ehrlich vor Augen zu halten gerade auch im Hinblick auf die Bundestagswahl und die nächste Legislaturperiode.

Zu den Vortragsfolien hier

Positionspapier Treiber für mehr Klimaschutz und gleiche Wettbewerbsbedingungen in Europa (06/2020)

Diskussionspapier Grenzausgleich: Von Ausnahmen zu verursacher- und klimagerechten Produktpreisen (10/2020)

Anhörung im Bundestag zum Schutz der Industrie vor Abwanderung

Am 3. Mai 2021 fand im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit des Deutschen Bundestages eine öffentliche Anhörung zum Verordnungsentwurf der Bundesregierung im Rahmen des Brennstoffemissionshandelsgesetzes zum Schutz vor Abwanderung der Industrie (BEHG- Carbon Leakage-Verordnung, BECV) statt. Der CO2 Abgabe e.V. war als Sachverständiger geladen. Ulf Sieberg, Leiter des Berliner Büros des CO2 Abgabe e.V. lobte zwar grundsätzlich, dass erstmals Beihilfen für Unternehmen an Bedingungen zum Klimaschutz geknüpft würden. Gleichzeitig kritisierte er aber die zahlreichen Schlupflöcher die es erschwerten, die Industrie auf ihrem Weg hin zu einer treibhausgasneutralen Produktion zu unterstützen.

Die Anhörung kann hier nachverfolgt werden. Die Beiträge von Ulf Sieberg ab Minuten 32:20, 59:16, 1:27:38, 1:53:36 & 2:00:53.

Zum Vortrag der Anhörung im Deutschen Bundestag vom 3. Mai.

Zur Stellungnahme für die Anhörung im Deutschen Bundestag vom 3. Mai

Was CO2-Preise leisten können – und was nicht

CO2-Preise werden als „eierlegende Wollmilchsau“ und Allzweckwaffe im Kampf gegen die Klimakrise gesehen. Keine Partei und Bewegung, die im Superwahljahr 2021 nicht auf sie setzen würde. Doch was können sie leisten? Und was nicht? Von Ulf Sieberg

Exponentielles Wachstum ist tückisch. Das zeigt sich gerade in der Corona-Pandemie. Die Zahl der Infizierten bringt das Gesundheitssystem schnell ans Limit. Das Tückische: Die Verdoppelung der Fallzahlen. War die Lage gerade noch unter Kontrolle, kann sie innerhalb kurzer Zeit wegen des exponentiellen Wachstums entgleiten.

CO2-Konzentration wächst exponentiell

Erstmals lag im Jahr 2019 der Wert der CO2-Konzentration in der Geschichte der Menschheit bei 415 Parts per Million (ppm). Zwar bedeutet der Anstieg nicht automatisch auch einen Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur. Noch nicht. Aber wehe, die CO2-Konzentration steigt in immer kürzerer Zeit exponentiell! Denn dann ist es in der Klimakrise, anders als bei Corona, zu spät. Die CO2-Uhr tickt und der Zeitraum der Verdopplung schrumpft. Aktuell stößt die Menschheit jährlich fast 45 Mrd. Tonnen aus. Und das Pariser Abkommen lässt offen, wer und wie dieses reduziert werden soll. Bisher folgt das Paris-Abkommen dem „Klingelbeutelprinzip“. Jeder tut, was er will. Der jüngste Bericht des UN-Klimasekretariats meldet deshalb „Alarmstufe Rot“. Denn die Beiträge der Länder reichen hinten und vorne nicht aus.

Disruptive Veränderungen durch Politik ­ oder Naturgewalt?

So oder so stehen der Menschheit disruptive Veränderungen bevor. Nicht erst, seit die scheidende Bundeskanzlerin im Sommer 2019 in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ankündigte, mit dem „Pille Palle“ müsse es in der Klimapolitik vorbei sein. Denn die Emissionsminderungskurven müssen steil nach unten zeigen, sollen die beschlossenen Klimaziele erreicht werden. Dabei schließt sich das Zeitfenster politischer Handlungsfreiheit. Wer nicht entschlossener handelt, der wird von disruptiven (Natur-)Gewalten überrollt.

Die Erzählung von der „grünen Transformation“

Mit der Erzählung vom „grünen Wachstum“ wollen die Parteien die Gesellschaft im Bundestagswahlkampf und im 20. Deutschen Bundestag mit auf den Weg der Transformation nehmen. Doch wer glaubt, die Wohnfläche darf weiter steigen, das Mobilitätsverhalten gleichbleiben, aktuelle Ernährungstrends sich fortsetzen und die Industrie auf Wasserstoff umstellen, der irrt. Der Sozialismus scheiterte an der Mangelwirtschaft. Drohen Menschheit und Kapitalismus am Ressourcenverbrauch zu scheitern? Echten Veränderungen steht Soziologen nach unsere habitualisierte Lebensweise entgegen. Denn die bisherigen „Erfolge“ stellen in Krisen eine Falle da. Die Autoindustrie steht dafür exemplarisch. Und auch ein exponentielles Wirtschaftswachstum.

Kann es der CO2-Preis allein richten?

Da scheint der CO2-Preis den Weg aus dem Dilemma zu weisen. Von CDU und CSU bis zur Linken, von Industrie bis Mittelstand, von Wirtschaftsverbänden über Zivilgesellschaft und Future-Bewegungen, alle wollen mit einem CO2-Preis die Klimakrise lösen. Doch wie realistisch ist das? Und ist es auch sinnvoll?

  1. CO2-Preise sollen vor allem beim Produzenten wirken.

Für viele in der Politik sollen CO2-Preise das Verhalten von Verbrauchern ändern. Die Verantwortung zur Bekämpfung der Klimakrise wird dabei von großen Teilen der Politik auf die Nachfrageseite abgewälzt. Nach dem Motto: Leute, konsumiert endlich nachhaltig. Dabei haben Unternehmen Einfluss auf 77 Prozent der CO2-Emissionen! Kommen CO2-Preise bei Unternehmen an, haben Produzenten Anreize, klimafreundlicher zu wirtschaften. Dann können Konsumenten beim Griff ins Regal nicht mehr daneben liegen. CO2-Emissionen werden so Teil der Betriebskosten, denn wer klimaschädlich produziert und ebensolche Produkte herstellt, zahlt. Auch dann, wenn Teile der Unternehmen CO2-Preise weitergeben. Weil klimaschädliche Produkte weniger konkurrenzfähig sind. Zudem beeinflussen CO2-Preise die Investitionsplanung von Unternehmen. Insbesondere, wenn sie planbar ansteigen. Es ist an der Politik, ein entsprechendes Level-Playing-Field zu schaffen. Dann erst haben Konsumenten im großen Stil wirklich eine nachhaltige Wahl.

  1. Einheitliche, sektorübergreifende Preise sind wichtiger als ein hoher CO2-Preis.

Viele glauben, CO2-Preise seien besonders wirksam, wenn sie möglichst hoch sind. Zudem würden gerade in Bereichen wie beim Heizen oder im Verkehr nur hohe Preise etwas ausrichten. Das ist nicht falsch. Verkannt wird dabei aber häufig, dass auch höhere Preise allein die Deckungslücke zwischen verfügbarem Investitionskapital und CO2-Vermeidungskosten nicht schließen. Auch ebnen allein höhere CO2-Preise unterschiedlich Kosten für Vermeidungsmaßnahmen nicht ein. Eine Wärmedämmung am Gebäude wird immer teurer sein als der Umstieg auf erneuerbare Energie. Das gleiche gilt für den Einsatz von Wasserstoff im Vergleich zu Stromanwendungen. Daher sind einheitliche Preise im Strom-, Wärme- und Verkehrssektor so wichtig. Sie begünstigen zunehmend kostengünstigen erneuerbaren Strom und schieben ihn in den Wärme- und Verkehrssektor. Einheitliche CO2-Mindestpreise im EU-Emissionshandel und für fossile Brenn- und Kraftstoffe stellen das sicher. Steigen die Preise sanft an, können sich Unternehmen auf den Weg in die Transformation machen.

  1. Erst eine CO2-basierte Energiesteuerreform und Bürokratieabbau ermöglichen und beschleunigen Investitionen in erneuerbare Energien und damit die Energiewende.

Welch ein Irrsinn ist das Brennstoffemissionshandelsgesetz. Mit vielen Seiten Text und 13 Rechtsverordnungen wird ein Bürokratiemonster geschaffen. Dabei hätte alles so einfach sein können. Mit einer CO2-basierten Steuerreform des geltenden Energierechts, wie es sie bereits in zwölf EU-Mitgliedsstaaten gibt. Doch die Unionsparteien wollten es anders. Der Einstieg in die Absenkung der EEG-Umlage lässt dagegen hoffen. Würde die Einnahmebasis des CO2-Preises mit einem Mindestpreis im EU-ETS und BEHG verbreitert, könnten nicht nur die EEG-Umlage, sondern weitere Energiesteuern und Umlagen auf null gesenkt werden. Die Folge: Bürokratieabbau im großen Umfang. Denn damit würden zahlreiche Ausnahmetatbestände und Meldepflichten entfallen. Investoren würden so leichter erneuerbare Energien unterstützen und die Energiewende beschleunigen. Positiver Nebeneffekt: Einkommensschwache Haushalte profitieren besonders. Ganz ohne „Klimadividende“. Und mittelständische Unternehmen auch.

  1. Das aktuelle Strommarktdesign behindert die Wirksamkeit von CO2-Preisen.

CO2-Preise können nur dann wirken, wenn alle Energieträger am Markt den gleichen Wettbewerbsbedingungen unterliegen. Doch dies ist mit Nichten der Fall. Nicht nur sind die (indirekten) Steuern und Umlagen auf erneuerbare Energien am höchsten. Die gegenwärtigen Marktregeln gewährleisten erneuerbaren Energien auch keinen Vorrang und belohnen stattdessen Flexibilität von Grundlasten und Speichern nicht. Anders als in skandinavischen Ländern verhindert in Deutschland auch die einheitliche Strompreiszone effiziente Lösungen. Das begünstigt Partikularinteressen und Pfadabhängigkeiten bestimmter Verbände und Unternehmen. Und mit den planwirtschaftlichen Ausschreibungen der Unionsparteien (!) werden Marktentscheidungen sogar noch zusätzlich behindert.

  1. Ausnahmen sind ungerecht, Innovationskiller und überflüssig

Ausnahmen für Unternehmen schaden der Wettbewerbsfähigkeit. Denn wer keine Anreize hat, seine Geschäftsmodelle auf Klimaschutz auszurichten, bewegt sich weniger und verliert den Anschluss. Abwanderung verhindert die Politik daher nicht durch Ausnahmen, sondern durch verursacher- und klimagerechte Preise sowie gezielter finanzieller Unterstützung zur Deckung hoher CO2-Vermeidungskosten. Dazu gehört auch ein Grenzausgleich.

Fazit

Ohne schnell wirksamere Maßnahmen inklusive CO2-Bepreisung und einen beschleunigten ökologischen und sozialen Umbau der Industriegesellschaft wird sie auf Dauer in der Klimakrise nicht überlebensfähig sein. Die Bundestagswahl stellt die Weichen. Mehr Klimaschutz und wirksamere Preise auf CO2 sind wählbar2021.de.

EU-Trilog muss Klimazielverschärfung zustimmen

MEDIENINFO 05/2021

Zur morgigen Fortsetzung der Trilogverhandlungen zum EU-Klimagesetz zwischen Europäischem Parlament, der EU-Kommission und dem EU-Rat der Staats- und Regierungschefs erklärt Ulf Sieberg, Leiter Büro Berlin des CO2 Abgabe e.V.:

Das EU-Klimagesetz muss im Trilog noch einmal angeschärft und ambitionierte Klimaziele von mindestens 60% CO2-Reduktion bis 2030 enthalten. Bundesregierung sowie Staats- und Regierungschefs müssen sich endlich bewegen. Denn selbst der Vorschlag des Parlaments sowie einiger Mitgliedsstaaten reichen noch immer nicht, um auf einen CO2-Reduktionspfad zu kommen, der mit dem Pariser Klimaschutzabkommen in Einklang steht. Ein höheres Reduktionsziel darf aber nicht auf Kosten einer Netto-Zielvereinbarung erfolgen. Denn die Klimaleistungen von natürlichen CO2-Senken wie Mooren schwanken extrem. Würden sie bei der Zielerreichung angerechnet, besteht die Gefahr, dass die notwendigen Minderungsleistungen in anderen Bereichen wie der Wirtschaft schöngerechnet werden.

Klar ist, dass alle Ziele ohne wirksamere Maßnahmen nicht erreichen werden können. Im Rahmen des EU-Green Deal braucht es deswegen schnelle und wirksamere Maßnahmen als bisher. Dazu gehören ein CO2-Mindestpreis im EU-Emissionshandel, eine CO2-basierte Energiebesteuerung fossiler Brenn- und Kraftstoffe, einen Grenzausgleich und das Ende der kostenlosen Zuteilung von Verschmutzungsrechten für die Industrie. Aufgrund ungesicherter Methoden und Daten muss eine Einbeziehung von Quellen und Senken im Bereich Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft (LULUCF) in die CO2-Bepreisung verhindert werden.“

Hintergrund: Die EU-Staats- und Regierungschefs wollen die Treibhausgase gegenüber dem Jahr 1990 lediglich um mindestens 55 Prozent bis 2030 senken. Die bisherigen Zusagen der EU- und UN-Staatengemeinschaft zu Emissionsminderungen und der Schaffung von CO2-Senken reichen bei weitem noch nicht aus, um die Ziele des Pariser Klimaabkommen zu erreichen. Dies betrifft auch die bisherigen Ziele und Maßnahmenpläne der EU-Mitgliedsstaaten. Um deutlich unter 2 °C zu bleiben, müsste das Reduktionsziel seitens der EU-Mitgliedsstaaten mindestens auf 70 % angehoben und eine Kohlenstoffsenken-Ökonomie etabliert werden.

Allerdings führt bereits die Zielverschärfung auf mindestens 55 % dazu, dass im EU-Emissionshandel (EU-ETS) der jährliche Reduktionsfaktor von derzeit 2,2% pro Jahr deutlich erhöht und das Cap für Obergrenze an Verschmutzungsrechten (Zertifikate) stärker als bisher sinken muss. In der Folge werden die CO2-Preise im EU-ETS ansteigen bzw. Überschüsse an Zertifikaten schnell abgebaut werden. Jedoch hat das EU-Parlament jüngst einen Initiativbericht zum Grenzausgleich mit der Forderung verbunden, an der kostenlosen Zuteilung von Zertifikaten für die Industrie festzuhalten. Dass reicht aber weder zur Klimazielerreichung noch zum Schutz vor Abwanderung der Industrie (Carbon Leakage) aus. Statt kostenfreier Zuteilung von Verschmutzungsrechten, Strompreiskompensation und Befreiungen von Steuern und Umlagen braucht es stattdessen den Grenzausgleich und gezielte Unterstützung bei der Dekarbonisierung der Industrie. So können Wettbewerbsverzerrungen vermieden und die rund 700 Mio. Tonnen Treibhausgasemissionen in den Blick genommen werden, für die die EU-Mitgliedsstaaten über Produktimporte und ihren Konsum über die rein territorialen Emissionen hinaus mit verantwortlich sind.

Weiterführende Informationen:

Pressekontakt:

Ulf Sieberg, Leiter Büro Berlin

CO2 Abgabe e.V., Tel. 0152 553 70 200, Ulf.Sieberg@klimaschutz-im-bundestag.de