Was wir aus Corona für die Transformation lernen können?

Was wir aus Corona für die Transformation lernen können?
Wir müssen mehr auf die Praktikabilität statt auf kognitive Überzeugung setzen

Eine soziologische Perspektive auf die Parallelen zwischen der Corona- und Klimakrise von Dr. Armin Nassehi

Aus welchen Erfahrungen können wir aus der Corona-Krise für die Klimakrise lernen?

Das Menschliches Verhalten ist stark habitualisiert.

Es gibt kaum etwas, was die Menschen weniger lernen können als das Verlernen. Besonders die (Hochschul-)gebildeten Menschen tun sich hier schwer. Sie haben gelernt, dass Handlungen auf rational begründbaren Handlungsplänen basieren. Doch das ist in der Realität oft nicht der Fall. Wir leben viel habitualisierter, als wir denken.

Nachdem die Corona-Maßnahmen gelockert wurden, zum Beispiel, sind die Menschen wieder zum alten Verhalten zurückgegangen.

Auch unsere Lösungsperspektiven sind weiterhin ähnlich wie zuvor. Wir glauben immer noch, dass die moderne Welt z.B. durch Konsumreduzierung und anderen bekannten Instrumenten gerettet werden kann.

Und diese Einsicht, dass wir stark habitualisiert agieren und unsere Gewohnheiten schwer ändern, müssen wir im Kopf behalten. Denn für die Transformation müssen wir unsere Alltagspraktiken ändern.

 

Und wie funktioniert das? Wie gestalten wir den Alltag transformationstauglich?  

Dafür müssen wir uns einmal anschauen, wie Produkte und Dienstleistungen Plausibilität in unserem Alltag bekommen. Sie überzeugen stets nur durch ihre Alltagstauglichkeit und Praktikabilität.

Wie können wir uns das vorstellen?

Nehmen wir zum Beispiel unsere Smartphone-Nutzung. Die ständige Nutzung ist nicht auf kognitiven Bewegungsgründe oder rationale Begründungen zurückzuführen. Vielmehr kritisieren wir unser Verhalten sogar. Die Praktiken, die diese Geräte ermöglichen, haben sich einfach im Alltag bewährt. Was wir uns fragen müssen: Wie bekommen wir die Widersprüchlichkeiten moderner Alltagssituationen in die Diskussion um die ökologische Transformation?

Wir werden Alltagspraktiken nicht ändern, wenn wir nur auf kognitive Überzeugung setzen, sondern erst, wenn wir praktikable Lösungen finden, die sich im Alltag bewähren.

Wir sind Gefangene in unserem eigenen Milieu, wenn wir weiter über Begründungen gehen, wir müssen stärker über Praktiken gehen.

In wieweit lässt sich die Corona-Krise also als Chance begreifen?

Die Corona-Krise ist in soweit als Chance zu sehen, als dass wir manche Routinen neu bewerten müssen. Denn wir waren und sind gezwungen, alte Routinen zu verändern (z.B. Digitalisierung in der Bildung).

Die beste Transformation ist die, die man zwar stark merkt, aber zu der man sich nicht normativ entscheiden muss, weil sie praktisch funktioniert.

Die Originalbeiträge von Dr. Nassehi auf unserer Energietage-Veranstaltung finden Sie hier:
Block 1: Corona-und Klimakrise verzahnen
Block 3: Was brauchen Mittelstand & Industrie, um klimaneutral produzieren zu können?

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