Gastbeitrag von Klaus Mindrup MdB zu Klimaschutz und CO2-Preisen

Rolle des CO2 Preises und nötige Veränderungen der Abgaben und Umlagen

Bei allen Debatten um den sog. „CO2-Preis“ muss man sich vergegenwärtigen, dass das Ziel einer Regulierung die schnelle und deutliche Reduzierung der Emissionen aller klimaschädlichen Gase sein muss. Am Ende dieses Prozesses muss dies wahrscheinlich auch durch ordnungsrechtliche Verbote flankiert werden. Neben CO2 dürfen dabei die anderen klimaschädlichen Gase nicht vergessen werden, z.B. auch Narkosegase, die man inzwischen auffangen und aufbereiten kann. Hier muss deutlich schneller wirksames Ordnungsrecht wirken.

In der Übergangszeit bis zur völligen Durchsetzung klimafreundlicher Alternativen geht es darum, die externen Kosten der CO2-Emissionen Schritt für Schritt wirksam werden zu lassen, um damit klimafreundlichen Techniken bessere Marktchancen einzuräumen.

Das Ziel darf dabei nicht sein, möglichst hohe Einnahmen aus CO2-Bepreisungs-Systemen zu erhalten, sondern diese Einnahmen möglichst schnell auf Null zu führen, indem sich klimafreundliche Techniken durchsetzen. Deswegen ist es auch sinnvoll, dass die Einnahmen aus den CO2-Bepreisungssystemen (Europäischer Emissionshandel und Nationaler Brennstoff-Emissionshandel) nicht in den allgemeinen Haushalt fließen. Sie gehen im Augenblick in den Energie- und Klimafonds und fließen über Förderprogramme, Reduzierung der EEG Umlage sowie Entlastungen für Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen zurück. Diesen Ansatz teile ich voll.

Zwischen der COVID-Pandemie und der Klimakrise gibt es zahlreiche Parallelen,  der größte Unterschied ist der zeitliche Verlauf.  Die  Klimakrise läuft im Vergleich zur Pandemie in Zeitlupe ab, mit der Gefahr, dass irreversible Kipppunkte nicht wahrgenommen werden. Die Parallelität besteht darin, dass wir inzwischen durch Innovationen in der Lage sind, auf beide Krisen angemessen zu reagieren und dies weltweit.

Was die Impfstoffe zur Bekämpfung der Pandemie sind, sind die Erneuerbaren Energien PV und Wind sowie eine ökologische Kreislaufwirtschaft für eine klimafreundliche Wirtschaft.

Wind und PV werden Jahr für Jahr effektiver und damit kostengünstiger. Es stimmt auch nicht, dass wir in der EU und Deutschland nicht genügend Potentiale haben, um uns selbst mit Energie zu versorgen. Wichtig ist, dass man erkennt, dass es nicht bloß darum geht, fossile Kraftwerke im Stromsektor durch Erneuerbare zu ersetzen. Elektrisch angetriebene Prozesse werden stark zunehmen und somit der Stromverbrauch steigen. Durch die größere Effizienz elektrisch anstatt thermisch angetriebener Prozesse wird parallel der Endenergieverbrauch sinken. Dies wird man ganz deutlich im Bereich der Elektromobilität sehen. Der Energieverbrauch von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen liegt ungefähr bei einem Drittel eines Verbrenners. Weiterhin ist die Technik eines batterieelektrischen Autos deutlich einfacher als die eines fossilen Verbrenners. Mit sinkenden Kosten der Batterien und steigenden Effizienzen in der Serienfertigung ist klar, dass in wenigen Jahren batterieelektrische Fahrzeuge in Anschaffung und Betrieb kostengünstiger als die fossilen Alternativen sein werden. Eine ähnlich dynamische Entwicklung sehen wir gerade bei den Wärmepumpen, die immer effizienter und günstiger werden. In der chemischen Industrie laufen gerade die Planungen für die Umstellung von Hochtemperaturprozessen von Gas auf Strom an. Auch in der Wasserstoff-Wirtschaft wird es in den nächsten Jahren große Fortschritte geben. Im Energiesystem werden die Anwendungen stark in Richtung Strom (Elektronen) verschoben werden, aber auch auf Moleküle wie Wasserstoff wird man nicht verzichten können.

Wegen der deutlich höheren Effizienz von PV (ca. Faktor 50)  gegenüber Energiepflanzen macht es Sinn, diese Anwendung massiv zu fördern, da sie auch für den Boden- und Artenschutz erhebliche Vorteile hat (von Haaren 2021).

Bedingt durch den deutlich höheren Einsatz von Strom in den Sektoren Verkehr und Wärme muss das Energiesystem der Zukunft anders als heute ganzheitlich geplant werden. Zwingend ist ein dezentraler, zellulärer Ansatz, auch für die Vermarktung von Strom aus Erneuerbaren Energien.

Dieser Ansatz muss um eine ökologische Kreislaufwirtschaft ergänzt werden. Gemeinsam mit Polina Gordienko habe ich am 01.09.2020 veröffentlicht, warum wir neue Regeln brauchen.

Warum wir die Doppelte Klimabuchführung brauchen – Tagesspiegel Background

„Die Klimaschutzpolitik – national wie international – ist geprägt vom Quellprinzip, was bedeutet, dass die Treibhausgasemissionen jeweils dem Sektor zugeordnet werden, in dem sie physisch in die Atmosphäre entweichen. Dieses System hat allerdings große Schwächen und muss mit dem Verursacherprinzip und klaren Kriterien zum Schutz der biologischen Vielfalt und der Kreislaufwirtschaft verbunden werden.
….,
Ähnlich wie in der Betriebswirtschaft nur die doppelte Buchführung zu guten Ergebnissen führt, sollte man auch in der Klimapolitik eine Berichterstattung aus unterschiedlichen Perspektiven implementieren.

Wenn man nur das Quellprinzip isoliert anwendet, scheint beispielsweise im Gebäudesektor die Schwerpunktsetzung auf die Gebäudedämmung die wichtigste Maßnahme zu sein. Wenn man aber das Verursacherprinzip anwendet, dann wird klar, dass auch der „ökologische Rucksack“ der Baumaterialien betrachtet werden muss und dass ab einer bestimmten Dämmstärke – je nach Material – die Klimabilanz der Dämmung über die Lebenszeit sogar negativ wird. Weiterhin sollte man analysieren, ob die eingesetzten Materialien die biologische Vielfalt bedrohen oder gegen Prinzipien der Kreislaufwirtschaft verstoßen.“

Die Initiative Bauhaus der Erde, die ich als Botschafter unterstütze, zeigt die Alternativen für eine umfassende Bauwende auf. Home | Bauhaus der Erde

Warum erwähne ich diese Beispiele in einem Artikel über CO2-Bepreisung? Ich möchte deutlich machen, dass die CO2-Bepreisung ein wichtiges Steuerungsinstrument ist, dass aber klug in einem Gesamtkonzept einer sozial-ökologischen Steuerreform eingesetzt werden muss, um möglichst kosteneffizient und sozialverträglich die notwendige Umstellung auf eine klimafreundliche Gesellschaft zu erreichen.

Jenseits der Frage der Exporte, wird der Einsatz von Bauholz in Deutschland mehrfach benachteiligt. Holz, das verbrannt wird, ist anders als Bauholz mit einem reduzierten Mehrwertsteuersatz begünstigt. Die Baustoffe, mit denen Holz konkurriert, sind zwar – vor allem im ETS – integriert, bekommen dort aber kostenlose Zuteilungen von CO2-Zertifikaten, da sie nicht nur in Konkurrenz zu Holz, sondern auch in Konkurrenz zu Importprodukten außerhalb des europäischen Wirtschaftsraumes stehen.

Im Bereich der Baustoffe werden wir unsere Klimaziele erst dann erreichen, wenn in der EU eine faire Bepreisung erfolgt und über den CO2-Grenzausgleich Umweltdumping durch Importe verhindert wird. Erst dann wird es in der EU eine faire „Materialkonkurrenz“ und Raum für Innovation in Richtung z.B. auf moderne Carbonfasern geben.

Im Bereich der Sektoren-Kopplung sieht es ähnlich aus. Die SPD hat gegen große Widerstände des Ministeriums für Wirtschaft und Energie durchgesetzt, Photovoltaik-Anlagen bis 30 Kilowatt und Speicher, wie durch EU-Recht vorgegeben, nicht mehr mit Abgaben und Umlagen zu belasten. Diese Lösung muss im nächsten Schritt auch auf Mehrfamilienhäuser, Gewerbetriebe, Quartiere und Dörfer übertragen werden. Dies würde die Energie-Revolution auslösen, die wir dringend brauchen. Verbunden werden muss dies mit der Möglichkeit der dezentralen Vermarktung von Strom aus Erneuerbaren Energien, die nur zu einem kleinen Teil an zentralen Plattformen vermarktet gehört.

Parallel muss die Diskrimierung von Großspeichern beendet werden, sie verschieben die Nutzung von Strom zeitlich und sind keine Verbraucher. Weiterhin sind sie notwendig, damit Strom aus PV und Wind terminmarktfähig wird. Volatile Erneuerbare brauchen die Speicher als Zwilling. Damit würde dieser Strom sofort konkurrenzfähig. Aktuell liegt der CO2 Preis im ETS bei ca. 50 €/t CO2. Der Terminmarktpreis für Strom liegt gerade für das Kalenderjahr 2022 bei knapp über 69 €/MWh. Allerdings ist bereits für das Kalenderjahr 2023 der Preis bei unter 63 €/MWh und für das Kalenderjahr 2024 bereits nur bei ca. 58 €/MWh. Das zeigt, dass hier im Jahr 2022 besondere Faktoren einspielen (u.a. Abschaltung von großen Kraftwerksblöcken) die allerdings nur temporären Einfluss auf den Terminmarktpreis haben sowie die Erwartungshaltung der Märkte, dass der Zubau erneuerbarer Kapazitäten zu einer Senkung der Strompreise führt.

Ein wichtiger erster Schritt ist deswegen die schnelle Abschaffung der EEG-Umlage, weil sie sofort einen Befreiungsschlag für die Sektoren-Kopplung auslösen würde, z.B. bei Großwärmepumpen und Stromanwendungen in der Industrie. Verbunden werden muss dies mit einem Zukunftspakt für die Energiewende mit Bund, Ländern und Kommunen, um endlich ambitionierte Ausbaupfade sowie Flächenzusagen zu vereinbaren, mit denen wir unsere Klimaziele wirklich erreichen können.

Dies sollte man koppeln an einen Mindestpreis für CO2 im ETS, wobei angesichts der Kostendegression bei PV und Wind und Speichern wahrscheinlich sogar 50 €/t CO2 verbunden mit der Abschaffung der EEG Umlage ausreichend sind.

Die Kosten der Erneuerbaren und der Speicher werden weiter sinken, dies gilt dann auch für die Wasserstoff-Erzeugung. Damit werden die klimafreundlichen Alternativen in fast allen Anwendungsgebieten deutlich unter einem CO2-Preis Emissionen 180 Euro2016 pro Tonne Kohlendioxid (t CO2), den das Umweltbundesamt als zentralen Kostenansatz für die Klimakosten ermittelt hat, kostengünstiger als die fossilen Alternativen. Wichtig ist es jetzt dezentrale Transformationsdialoge in den Städten und Gemeinden und mit den Unternehmen unter Einbezug der Tarifpartner zu organisieren, um konkrete Modellprojekte für 100% Klimaschutz umzusetzen und dazu in der Übergangsphase auch noch die Mittel aus dem Energie- und Klimafonds zu nutzen.

Parallel muss die  Abschaffung der EEG Umlage  mit einer  umfassenden sozial-ökologische Steuer-Reform verbunden werden, die konsequent auf den CO2-Ausstoß und eine ökologische Kreislaufwirtschaft ausgerichtet ist. Dann werden die klimafreundlichen Alternativen sich deutlich schneller durchsetzen, zugleich wird die Wertschöpfung in unserem Land gesteigert und die negativen Folgekosten gesenkt.

Klaus Mindrup, MdB (SPD)

Quelle: CO2 Kosten: Gesellschaftliche Kosten von Umweltbelastungen | Umweltbundesamt


Diese und weitere Vorschläge für konkrete Ideen zum Klimaschutz finden Sie im Klima-Chancen-Blog sowie unter www.wählbar2021.de

Gastbeitrag von Dr. forest Christoph Hoffmann MdB zu Klimaschutz und CO2-Preisen

„Liberaler Klimaschutz: hart – klar – machbar!“

Die FDP hat die Chance genutzt. Sie stellt sich mit ihrem öko-liberalen Konzept an die Spitze der Troubleshooter der Klimakrise. Ihr Klimaschutzprogramm greift das Alarmsignal des IPCC Berichtes auf und zeigt Lösungswege zur Umsetzung der erforderlichen Reduktion der Treibhausgasemissionen. Dabei wird der EU-Emissionshandel durch die Bepreisung von CO2, ausgedehnt auf die Sektoren Gebäude und Mobilität, als zentrales Steuerungsinstrument zur Erreichung der ambitionierten Klimaziele erkannt.

Die wissenschaftlichen Erkenntnisse zeigen, dass die Folgen des durch den Menschen gemachten Klimawandels nur durch entschlossenes und schnelles Handeln gemildert werden können. Statt jedoch die Wirtschaft mit immer neuen staatlichen Ge- und Verboten zu gängeln, will die liberale Klimaschutzpolitik durch Anwendung des Verursacherprinzips mit flexiblen marktwirtschaftlichen Instrumenten technologieoffene und innovationsfreundliche Rahmenbedingungen schaffen. Nur so lassen sich die anspruchsvollen Umweltziele konsequent und kostenoptimal erreichen.

Der Umbau unserer bisher vorrangig nuklear-fossilen Energiewirtschaft zu einer Low Carbon Economy ist ein Jahrhundert-Investitionsprojekt und soll nach den Vorstellungen der Liberalen in enger Kooperation von privaten und staatlichen Investitionen vorangebracht werden. Insbesondere der Mittelstand kann über Jahrzehnte davon profitieren, indem er schnell und innovativ die sich bietenden Chancen nutzt. Dazu sollen schnellstmöglich staatliche planerische Hindernisse aus dem Weg geräumt werden.

Zum Ausgleich unvermeidbarer Emissionen will die FDP weltweit verstärkt den Wald nutzen, um mit der Fotosynthese zusätzlich gepflanzter Bäume CO2 zu binden und mit entwicklungspolitischen Initiativen die bisherige Waldzerstörung deutlich zu vermindern.

10-Punkte-Plan zur Operationalisierung der Liberalen Klimapolitik

Der Aktionsplan zum Klimaschutz zeigt, wie die Freien Demokraten die oben beschriebenen Leitlinien ihrer Klimaschutzpolitik konkretisieren und operationalisieren. Er zeigt in aller Schärfe das klimapolitische Profil der Liberalen und stellt heraus, dass wirksamer Klimaschutz ohne Gängelung und Verbote möglich ist. Damit grenzen sich die Freien Demokraten in diesem zentralen, für unsere Gesellschaft so wichtigen Politikfeld gegen das autoritative Gesellschaftsverständnis der Grünen und ihrer Vorfeldorganisationen ab.

Im Einzelnen liegt der Fokus der liberalen Klimaschutzpolitik auf folgenden Maßnahmenpaketen:

1. Den Emissionshandel schrittweise globalisieren:
Ein umfassendes Emissionshandelssystem, das den globalen CO2-Ausstoß auf ein festgesetztes Limit begrenzt und über einen einheitlichen CO2-Preis Investitionen in die Verringerung der Emissionen anreizt, ist das sinnvollste Klimaschutzinstrument. Damit hält Deutschland nicht nur zuverlässig seine Klimaschutzverpflichtungen ein, sondern erzeugt auch einen Wettbewerbsdruck an den Märkten, der Innovationskräfte für die CO2-sparsamste Technologie freisetzt. Zusätzlich zum Ziel, das EU-ETS auf alle Sektoren auszuweiten, wollen wir Liberalen auch die geographische Erweiterung des Systems vorantreiben. Weltweit existieren bereits mehr als 60 Emissionshandelssysteme; rund ein Drittel der Weltbevölkerung lebt in einer Region, in der Emissionsrechte gehandelt werden. Ein erster wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem globalen ETS wäre daher eine Verknüpfung bestehender Systeme durch die gegenseitige Anerkennung von Zertifikaten.

2. CO2-Kreislaufwirtschaft durch Marktanreize für die Treibhausgasbindung schaffen:
Es gibt viele Möglichkeiten, CO2 aus Industrieprozessen als Rohstoff zu nutzen (Carbon Capture and Utilization, CCU) – beispielsweise in der chemischen Industrie als Ersatz für Erdöl in der Kunststoff-produktion. So entsteht eine CO2-Kreislaufwirtschaft, die industrielle Prozesse klimafreundlich macht. Enormes Potential haben außerdem CCU-Verfahren im Bereich „Power-to-X“, in denen aus erneuerbarem Strom und CO2synthetisches Gas, Wasserstoff oder auch Kraftstoffe (E-Fuels) erzeugt werden. Wer künftig CO2 aus der Atmosphäre entfernt und in irgendeiner Form bindet – sei es organisch oder in der Herstellung neuer Produkte (CCU) – könnte davon finanziell durch den Erhalt von ETS-Zertifikaten profitieren, die frei am Markt verkäuflich sind. Das wäre auch ein immenser Schub für die Aufforstung von Wäldern weltweit. Eine ergänzende Forschungsförderung und der Abbau regulatorischer Hürden können helfen derartige Technologien zur Marktreife zu bringen.

3. Klimaneutrale Mobilität mit synthetischen Kraftstoffen:
Nicht nur die Elektromobilität, sondern alle technologischen Möglichkeiten für einen klimafreundlichen Verkehr sollen genutzt werden. Über den Antriebsmix der Zukunft soll der Wettbewerb, nicht die Politik entscheiden. Neben grünem Wasserstoff können auch aus erneuerbarem Strom und CO2 synthetisierte Kraftstoffe wichtige Bausteine sein. E-Fuels geben dem bewährten Verbrennungsmotor eine klimaneutrale Zukunft. Um große Mengen zu produzieren, sind massive Investitionen in Forschung und Entwicklung notwendig. Hier müssen regulatorische Hürden abgebaut werden. Die Befreiung von netzseitigen Umlagen und Entgelten ist zu prüfen, denn die hohen Belastungen des Strompreises im Vergleich zu fossilen Kraftstoffen machen E-Fuels unrentabel. Das klimapolitisch kontraproduktive EEG erweist sich hier als besondere Innovationsbremse. Außerdem sollte die Nutzung von E-Fuels ähnlich wie Elektroautos auf die EU-Flottengrenzwerte angerechnet werden. Für die Produktion größerer Mengen E-Fuels bieten sich die sonnen- und windreichsten Regionen der Erde an. Damit präsentieren sich den bereits heute im Bereich der Elektrolyse-Technik tätigen deutschen Unternehmen exzellente Exportmöglichkeiten.

4. Technologiefeindliche Rechtslage ändern, um Carbon Capture and Storage (CCS) in Deutschland zu ermöglichen:
Weder vermeidbares noch nutzbares CO2 muss zwingend in die Atmosphäre gelangen. Es ist technisch möglich, CO2 aus Abgasen abzuscheiden und anschließend geologisch zu speichern. Das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, so der Sonderbericht des Weltklimarats IPCC von Oktober 2018, ist ohne CCS praktisch nicht erreichbar. Deutschland hat sich durch erfolgreiche Modellprojekte in der Lausitz eine führende Position im Bereich der CCS-Technologie erarbeitet. CCS ist aus sicherheitstechnischer Perspektive unbedenklich, wie u.a. der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages in einer im Sommer 2018 erstellten Studie bestätigt. Trotzdem ist die Skepsis in der Bevölkerung gegenüber dieser Technologie ernst zu nehmen, um eine gesellschaftliche Akzeptanz zu erreichen. Ein Rechtsrahmen für den sicheren Einsatz von CCS und mehr Forschung und Entwicklung ist unbedingt erforderlich. Finanzielle Anreize würden sich für die Industrie durch die Befreiung von der Zertifikatspflicht im EU-ETS ergeben.

5. Mit Geo-Engineering klimafreundliche Chancen für strukturschwache Regionen schaffen:
Maßnahmen, die unter den weiten Begriff Geo-Engineering fallen, unterliegen in Deutschland einer strengen, teils technologiefeindlichen Regulierung. Der jüngste Bericht des Weltklimarats IPCC hat verdeutlicht, wie wichtig der Entzug von CO2 aus der Atmosphäre für die Erreichbarkeit der Klimaziele des Pariser Abkommens ist. Gerade die organische CO2-Speicherung hat ein großes Potenzial, etwa die schnelle Aufzucht großer Mengen Algen durch Düngung. Algen sind sehr potente CO2-Speicher, die als Biomasse zur Energiegewinnung beitragen oder zu Karbonfasern verarbeitet und dauerhaft eingelagert werden können. Solche Geo-Engineering-Maßnahmen wollen wir ermöglichen und fördern, insbesondere dort, wo der klimapolitische Strukturwandel stattfindet.

6. Innovative Methoden für die Landwirtschaft:
Innovative Methoden in der Landwirtschaft können einen wichtigen Klimaschutzbeitrag bei gleichzeitiger Sicherung der Versorgung einer wachsenden Weltbevölkerung leisten. Beispiele hierfür sind die Grüne Gentechnik, die klimaschonende Anbaumethoden erleichtert und die Anpassungsfähigkeit der Landwirtschaft an den Klimawandel erhöht. Die Klimabelastung des steigenden Fleischkonsums lässt sich durch Herstellung von In-Vitro-Fleisch reduzieren. Verbraucher müssen die Wahl haben – aber die Forschung, Entwicklung und Markteinführung von Gentechnik und innovativen Lebensmitteltechnologien dürfen kein Tabu mehr sein.

7. Technologietransfer und marktwirtschaftliche Entwicklungspolitik:
Klimaschutz muss künftig eine größere Rolle in der Entwicklungspolitik spielen. Durch Technologietransfer können deutsche Unternehmen neue Märkte erschließen, einen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung leisten und klimafreundliches Wachstum ermöglichen. Außerdem müssen weltweit Abkommen etwa zum Schutz des Regenwalds oder zur Aufforstung geschlossen werden.

8. Durchsetzung der internationalen Ächtung negativer Waldbilanzen (staatlich gebilligte Waldvernichtung) vor den Vereinten Nationen.

9. Aufbau eines multilateralen Fonds für die Aufforstung durch Waldbauern und dörfliche Gemeinschaften mit direkter Vergütung durch eine auf einer Smartphone-Oberfläche installierten App.

10. Einführung eines vereinfachten REDD+ zur Finanzierung der Aufforstungen unter einem Mandat der Vereinten Nationen.

Das liberale Klimaschutzprogramm setzt der derzeitigen, von dystopisch-pessimistischen, fortschritts- und wachstumsfeindlichen Weltbildern geprägten Debatte eine optimistische Vision entgegen, die den Klimaschutz durch Kreativität, Fortschritt und moderne Technologien mit steigendem Wohlstand in Einklang bringt und das wirtschaftliche Wachstum vom CO2-Ausstoß entkoppelt. Sein zentrales Ziel ist eine wirksame Begrenzung von Emissionen und ein einheitlicher CO2-Preis mittels eines globalen Emissionshandelssystems (ETS). Auf dem Weg dorthin soll kurz- bis mittelfristig eine Ausweitung des EU-Emissionshandels (EU-ETS) zunächst auf nationaler und schnellstmöglich auch auf europäischer Ebene etabliert werden. Mit kreativen Ideen für einen innovativen Klimaschutz wollen wir den Weg zu diesem Ziel gestalten.

Dr. forest Christoph Hoffmann, MdB (FDP), Schliengen, den 07.06.2021


Diese und weitere Vorschläge für konkrete Ideen zum Klimaschutz finden Sie im Klima-Chancen-Blog sowie unter www.wählbar2021.de

Gastbeitrag von Lisa Badum MdB zu Klimaschutz und CO2-Preisen

Mehr Klimaschutz wagen

Ein Preis, der die ökologische Wahrheit sagt, der mehr soziale Gerechtigkeit schafft und der klimaneutrales Wirtschaften von morgen ermöglicht

Das Karlsruher Klimaschutzurteil hat uns einen klaren klimapolitischen Auftrag gegeben und ist gleichzeitig ein Appell. Klimaschutz schafft Freiheit und sorgt für Generationsgerechtigkeit – doch das ist kein Selbstläufer. Darum bedarf es eines durchdachten und konsequenten Instrumentenmix, der bereits heute Wirkung entfaltet, um das Morgen zu schützen. Dafür braucht es einen Dreiklang aus gezielter Förderung, Ordnungsrecht, das die notwendigen Standards setzt, und einem Preissignal, das Klimaschutz finanziell lohnend macht.

Der CO2-Preis ist dabei ein zentraler Baustein, um auf den Pariser Klimaschutzpfad von 1,5 Grad Celsius zu kommen. Der Kampf gegen die Klimakrise wird ohne steigende Preise für fossile Energien nicht funktionieren. Zugleich ist der Status Quo sozial ungerecht. Fossile Subvention in Milliardenhöhe steht einer umfassenden ökologisch-sozialen Transformation entgegen. Zeitgleich werden Klimaschäden vergesellschaftet und unter den Folgen der Klimakrise leiden bereits heute vor allem die Schwächsten unserer Gesellschaft. Zuschauen ist keine Option. Nicht für uns Grüne. Unser Konzept heißt mehr Klimaschutz wagen.

Den Status Quo gestalten, statt verwalten

Seit dem 1. Januar 2021 gilt das nationale Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) im Bereich Wärme, Verkehr und in jenen Teilen der Industrie, die nicht dem EU-Emissionshandel unterliegen. Zugegeben, das BEHG in dieser Form war nicht unsere erste Wahl. Aber angesichts der fortschreitenden Klimakrise ist es wichtig, dass jetzt schnell ein wirksamer CO2-Preis für alle fossilen Brennstoffe in Kraft getreten ist. Nun gilt es, in der nächsten Wahlperiode die ökologische Lenkungswirkung des CO2-Preis zu stärken und gleichzeitig diesen sozial gerecht auszugestalten.

Dem CO2 einen Preis geben – für mehr soziale Gerechtigkeit und ein klimafreundliches Wachstum.

Jeden Euro der eingenommen wird, wollen wir direkt an die Menschen zurückverteilt – auf vielfache Weise. Wir schlagen vor, die Erhöhung des CO2-Preises auf 60 Euro auf das Jahr 2023 vorzuziehen. Danach soll der CO2-Preis so ansteigen, dass er im Konzert mit den Fördermaßnahmen und ordnungsrechtlichen Vorgaben die Erfüllung des neuen Klimaziels 2030 absichert. Damit die Erhöhung des nationalen CO2-Preises auch sozial gerecht wirkt, müssen die Einnahmen aus dem CO2-Preis direkt an die Menschen zurückgegeben werden. Das Energiegeld in Höhe von anfänglich 75 Euro pro Kopf wird den Bürgerinnen und Bürgern zu Jahresbeginn ausgezahlt. So geht der Staat in Vorleistung und die Auszahlung kann zum Beispiel über eine Verknüpfung mit der Steuer-ID erfolgen.

Auf diese Weise wird klimafreundliches Verhalten belohnt und es findet ein sozialer Ausgleich im System statt. Gerade Haushalte mit höheren Einkommen haben im Schnitt einen größeren CO2-Fußabdruck durch mehr Wohnraum, der zu heizen ist, oder PS-stärkere Autos. Sie zahlen also mehr. Viele Studien, zum Beispiel von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, zeigen, dass ein CO2-Preis mit einem fairen Ausgleich wie dem Energiegeld sozial gerecht wirkt. Unterm Strich werden damit vor allem Geringverdiener*innen und Familien entlastet. Bezieher*innen von Transferleistungen wie Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe profitieren ebenfalls, da das Energiegeld nicht auf die Grundsicherung angerechnet werden soll. Zusätzlich legen wir für besonders Betroffene einen Klimabonus-Fonds auf, der mit großzügigen Hilfen unterstützt, z.B. beim Kauf eines emissionsfreien Fahrzeugs.

Wichtig ist auch, dass im Zuge der Einführung des BEHG jetzt die Stromrechnung sinkt. Die Senkung der EEG-Umlage sorgt für einen fairen Ausgleich der zusätzlichen CO2-Kosten in Form sinkender Preise für Strom, der heute schon zu deutlich über 50 Prozent aus erneuerbaren Quellen stammt. Die Senkung der Strompreise ist gerade für kleine und mittelständische Unternehmen ein wichtiges Entlastungssignal und schafft die Grundlage für eine Stärkung der Sektorkopplung.

Mieter-Vermieter Dilemma – die Lösung liegt auf dem Tisch

Wir denken den CO2 Preis ganzheitlich. Darum machen wir uns dafür stark, dass Mieter*innen nicht im Regen stehen gelassen werden, so wie es jetzt die Bundesregierung getan hat. Die SPD konnte sich nicht gegen die Union durchsetzen mit ihrer Forderung, den CO2– Aufpreis im Wärmebereich zu 50 Prozent von Vermieter*innen zahlen zu lassen. Nun tragen aktuell die Mieter*innen die kompletten CO2 Kosten, ohne den Energieträger beeinflussen zu können bzw. den Zustand des Gebäudes. Das ist sozial ungerecht, verantwortungslos und löst keine Investitionsimpulse im Gebäudebestand aus. Durch den CO2-Preis im Wärmebereich soll aber gerade eine Lenkungswirkung erzielt werden, die Klimaschutzanreize auslösen und die Umstellung auf erneuerbare Energien vorantreiben. Daher sind die Kosten gemäß dem Verursacher-Prinzip vollständig durch die Vermietenden zu übernehmen. Flankiert durch unser 9 Mrd. Euro Faire-Wärme-Programm schaffen wir so gerechten Klimaschutz in die vier Wände zu holen.

Die CO2-Bepreisung als Anreiz für klimafreundliche Alternativen und Verhalten

Ein kurzer Blick zurück. Verkündete der Staatssekretär des Bundeswirtschaftsministerium Andreas Feicht noch Anfang 2019 auf dem Neujahrsempfang des Bundesverbandes Erneuerbare Energie, dass es diese Wahlperiode keinen CO2 Preis mehr geben würde – müssen wir feststellen: Das war eine völlige Fehleinschätzung. Dank der Klimagerechtigkeitsbewegung und vielen gesellschaftlichen Akteuren, die für mehr Klimaschutz auf die Straße gingen, ist das Thema nicht mehr aus der öffentlichen Debatte wegzudenken.

Längst hat sich die Überzeugung durchgesetzt, dass mit dem Klima nicht zu verhandeln ist und gleichzeitig eine große Chance in einer zukunftsgewandten Klimapolitik liegt. Viele Unternehmen und Betriebe haben das bereits erkannt und sind oftmals viel weiter als ihre Branchenverbände und die Regierungspolitik. Diese Innovations- und Entwicklungskraft müssen und wollen wir Grüne nutzen und stärken. Ein wirksamer CO2-Preis sorgt dafür, dass Klimaschutzinvestitionen nicht erst in ein paar Jahren, sondern schon heute voll rentabel werden. Gleichzeitig gehen Innovation und Klimaschutz Hand in Hand. Aus diesem Grund wollen wir ein Investitions- und Transformationsprogramm für die nächste Dekade auflegen, das 500 Milliarden Euro umfasst und damit die Basis für eine grundlegende Modernisierung des Standorts Deutschland legt. Dieses umfasst Investitionen in Bildung, Digitalisierung, Gesundheit und Pflege, Wohnen, Forschung und Innovation, Klimaschutz und Nachhaltigkeit und ermöglicht verlässliche Finanzzusagen für die Planungssicherheit der Wirtschaft.

Der CO2 Preis alleine ist keine Klimaschutz-Wunderwaffe und er wird auch keine ordentliche Sozialpolitik ersetzen können. Dennoch wird es unsere Aufgabe sein, den CO2 Preis in ein Gesamtkonzept der sozial-ökologischen Transformation zu integrieren und dem Klimaschutz zum Chancentreiber der Zukunft zu gestalten. Die Zeit ist jetzt gekommen – mehr Klimaschutz zu wagen.

Lisa Badum, MdB (Bündnis 90/Die Grünen)


Diese und weitere Vorschläge für konkrete Ideen zum Klimaschutz finden Sie imm Klima-Chancen-Blog sowie unter www.wählbar2021.de