CO2-Bepreisung und Mittelverwendung in den Wahlprogrammen

Anfang Juni nahm die Diskussion um steigende CO2-Preise absurde Züge an, wiedereinmal entzündet am geplanten höheren CO2-Preis.

Wahlprogramme im CO2-Preis-Check

Wir haben uns die Wahlprogramme von Bündnis 90 / Die Grünen, CDU/CSU, Die Linke, FDP und SPD näher angeschaut und untersucht, welche Aussagen sie zur Reform und Weiterentwicklung von CO2-Preisen sowohl in Bezug zum Europäischen Emissionshandel als auch zum nationalen Brennstoffemissionshandelsgesetz treffen. Das Ergebnis? So manche überraschende Übereinstimmung. Und eine große Gemeinsamkeit. Aber lesen Sie selbst. Hier geht es zur Folienübersicht.

Gastbeiträge unserer Bundestagsmitglieder

Auch unsere Bundestagsmitglieder haben sich zu Klimaschutz und CO2-Preisen positioniert. Lesen Sie im Klima-Chancen-Blog, was sie zu sagen haben.

Initiative #wählbar2021 Bundestagskandidat*innen auf dem Klimaprüfstand

Am 15. Juni ist zudem mit einer Pressekonferenz #wählbar2021 Bundestagskandidat*innen auf dem Klimaprüfstand offiziell gestartet. Prof. Volker Quaschning, Annika Rittmann von Fridays for Future Deutschland, Ex-Fussballtrainer Volker Finke, Dr. Maren Glüer von Parents for Future Deutschland sowie Aysel Osmanoglu von der GLS Bank kommentierten den Start und was für sie #wählbar2021 bedeutet. #wählbar2021 benennt 19 Maßnahmenvorschläge mit einem Ziel: Die Erdüberhitzung auf 1,5° Celsius zu begrenzen. Fordern Sie Ihre*n Wahlkreiskandidat*innen auf, sich zu den Vorschlägen zu positionieren und bewerten Sie sie gern auch selbst. Hier geht es zu den Mitmach-Seiten.

Was CO2-Preise leisten und was nicht

Zusammen mit Carolin Schenuit, Geschäftsführerin des Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft und Lisa Paus, finanzpolitische Sprecherin der Grünen Bundestagsfraktion war Ulf Sieberg am 12. Februar 2021 von Bündnis 90/Die Grünen Berlin eingeladen, über die Wirkung von CO2-Preisen zu referieren.

Zum Vortrag.

 

 

 

 

 

 

Anleitung zu den EU-Konsultationen der Energiebesteuerungsrichtlinie und des CO2-Grenzausgleichssystems

Am 23. Juli 2020 leitete die Europäische Kommission zwei öffentliche Konsultationen im Rahmen des European Green Deal ein. Alle interessierten Parteien (Bürger*innen und Institutionen) sind per Online – Fragebogen aufgefordert, sich zur Überarbeitung der Energiebesteuerungsrichtlinie und einem neuen CO2-Grenzausgleichssystem über die folgenden beiden separaten Konsultationen zu äußern:

  1. Konsultation zur Überarbeitung der Energiebesteuerungsrichtlinie bis 14.10.2020
    und
  2. Konsultation zur Einrichtung eines CO2-Grenzausgleichssystems bis 28.10.2020

Beide Vorhaben stehen in einem engen inhaltlichen Zusammenhang und eröffnen die Möglichkeit einer Abkehr der bisherigen Politik das Risiko der Abwanderung von Produktion und Emissionen z.B. ins außereuropäische Ausland (des Carbon Leakage) vorwiegend mit Ausnahmen zu lösen. Zu den bisherigen Ausnahmen gehören die kostenfreie Zuteilung von Verschmutzungsrechten im Rahmen des EU-ETS, die Strompreiskompensation oder Erleichterungen bei Steuern und Umlagen (wie z.B. auch der Besonderen Ausgleichsregelung des Erneuerbaren Energien Gesetzes).

Inzwischen hat sich die EU-Kommission insofern bereits positioniert, als dass sie die CO2-Bepreisung für die Bereiche Gebäude und Verkehr im Rahmen einer Erweiterung des EU-ETS nach dem Vorbild des deutschen Brennstoffemissionshandelsgesetzes als mögliche Lösung hervorhebt (EU 2020, EU-2020-1, EU-2020-2). Deutschland beschreitet allerdings mit dem nationalen Brennstoffemissionshandel für Gebäude und Verkehr gegenüber allen anderen EU-Staaten, die CO2-Preiskomponenten über ihre nationalen Energiesteuern realisiert haben oder planen, einen Sonderweg.

Wir rufen Sie deshalb dazu auf, sich an den EU-Konsultationen zu beteiligen.

Um Ihnen den Prozess zu erleichtern, stellen wir Ihnen hier zur Verfügungen, wie wir die Fragebögen ausgefüllt haben. Die Antworten für die Konsultation zur Überarbeitung der Energiebesteuerungsrichtline finden Sie hier. Die Antworten zur Konsultation zur Einrichtung eines CO2-Grenzausgleichssystems finden Sie hier.

Die Fragebögen eröffnen auch die Möglichkeit eigene bereits formulierte Stellungnahmen als Dokument zu verlinken oder anzuhängen, oder auch eigene Aspekte zu ergänzen, die ggf. im Fragebogen nicht abgefragt werden.

Hier die Anleitung, wie Sie sich für die Konsultationen anmelden können: 
  • Rufen Sie die Seite der jeweiligen Konsultation auf: Konsultation zur Überarbeitung der Energiebesteuerungsrichtlinie oder Konsultation zur Einrichtung eines CO2-Grenzausgleichssystems
  • Für die Anmeldung, scrollen Sie auf der Seite hinunter und klicken Sie auf die gelbe Box „Respond to this questionnaire“. Dann kommen Sie automatisch auf die EU-Login Seite. Stellen Sie hier zunächst oben rechts in der Box Ihre Sprache auf Deutsch falls erwünscht. Wenn Sie diese Seite zum ersten Mal nutzen, klicken Sie jetzt unter dem Textfeld auf „Neues Konto erstellen“ und füllen Sie die erfragten Daten (Vorname, Nachname, E-Mail…) und den sichtbaren Code aus. Klicken Sie auf „Bestätigen“.
  • Anschließend sollten Sie eine E-Mail erhalten, um den Registrierungsvorgang abzuschließen. Achtung – dies kann einige Minuten dauern.
  • Mit der Email, die den Betreff „Ihr Passwort“ hat, sollten Sie einen Link erhalten mit dem Sie Ihr Passwort erstellen können. Drücken Sie also auf den Link und füllen Sie Ihr gewünschtes Passwort ein. Beachten Sie hierzu die Passwortregeln des Systems. Anschließend leitet das System Sie zur Konsulations-Seite. Stellen Sie hier wieder, falls erwünscht, oben auf der Seite Ihre Sprache um auf Deutsch.
  • Sie sollten jetzt den deutschen Einleitungstext zu Ihrem Konsultations-Thema sehen. Wenn Sie auf der Seite weiter nach unten scrollen, müssen Sie zunächst ein paar persönliche Angaben machen und den Bestimmungen zum Schutz personenbezogener Daten zustimmen, bevor Sie die Fragen der Konsultation beantworten können. Anschließend können Sie den Fragebogen ausfüllen. Am Ende haben Sie noch die Möglichkeit weitete Informationen (z.B. ein Positionspapier) hochzuladen, bevor Sie den Fragebogen abschicken.
  • Die Konsultationen ermöglichen auch eine anonyme Teilnahme.

Bei Fragen wenden Sie sich gerne an info@klimaschutz-im-bundestag.de

Weitere Hintergründe erfahren Sie in unserem jüngsten Klima-Chancen-Blog: Von Ausnahmen zu verursachergerechten und klimagerechten Produktpreisen.

 

EBI Whitepaper: „Mit Pflanzenkohle der Klimakrise entgegenwirken“

[learn_more caption=“Mögliche Wirkungen der Pflanzenkohle in der Landwirtschaft“ state=“open“] In einem landwirtschaftlichen Betrieb kann Pflanzenkohle im Stall, beim Mist/Gülle, in der Biogasanlage, bei der Kompostierung, auf dem Feld, im Wald sowie im Boden eingesetzt werden. In den eingerahmten Textboxen wird aufgezeigt, welche Effekte Pflanzenkohle im jeweiligen System bewirkt. Die Zeichen in den Klammern (+)/(-) zeigen auf, wie Pflanzenkohle den jeweiligen Parameter beeinflusst:(-)Reduktion (+)Erhöhung. Die Farbe zeigt an,ob die Veränderung positiv (grün) oder negativ (rot) zu bewerten ist.[/learn_more]

Auf Initiative und unter Federführung unseres Mitgliedes Hansjörg Lerchenmüller ist ein „Whitepaper“ zum Thema Klimakrise, Negativemissionen und Pflanzenkohle entstanden.
Hinweis: Die Autoren bieten für Interessierte zum Papier und Thema am Mittwoch, den 21.10.2020 um 17 Uhr ein Onlineseminar (Anmeldung erforderlich) mit Einführung und anschließender Diskussion an.

[learn_more caption=“Was ist Pflanzenkohle?“] Mittels Photosynthese entziehen Pflanzen der Atmosphäre CO2. Der dabei gewonnene Kohlenstoff ist die Basis für pflanzliche Biomasse. Wird diese pflanzliche Biomasse verbrannt oder verrottet sie, gelangt der Kohlenstoff in Form klimaschädlicher Gase, hauptsächlich CO2, schließlich wieder in die Atmosphäre zurück. Dies ist Teil des normalen Kohlenstoffkreislaufs, und wenn der Kohlenstoffgehalt in der Atmosphäre nicht bereits zu hoch wäre, so wäre diese Freisetzung von CO2 kein Problem. Wird hingegen die Biomasse pyrolysiert (in Sauerstoff-limitierter Umgebung „gebacken“), wird ungefähr die Hälfte der Kohlenstoffverbindungen der Biomasse in Pflanzenkohle umgewandelt. Dieses Material ist sehr dauerhaft und wird kaum biologisch oder chemisch zersetzt. Sofern Pflanzenkohle nicht verbrannt wird, sondern in stofflichen Anwendungen verbleibt, wird somit ein Teil des Kohlendioxids der aus der Atmosphäre in der Biomasse gespeichert der Atmosphäre mehr oder weniger dauerhaft entzogen (CO2-Senke).

[/learn_more]

Die umfangreiche Recherche zu aktuellen wissenschaftlichen Arbeiten möchte u.a. Politik, Journalismus, Wissenschaft, Umweltverbände und Investoren dringend dazu anregen sich mit dem Thema „Pflanzenkohle“ intensiver zu beschäftigen. Das Papier erinnert zunächst daran, dass ohne die aktive Schaffung von Kohlenstoffsenken zusätzlich zur schnellstmöglichen Reduktion von Treibhausgasen die Klimakrise nicht mehr auf ein für viele Menschen erträgliches Maß zu halten sein wird.

Die Zusammenstellung gibt insbesondere einen Überblick über den Stand des Wissens zur Pflanzenkohle und welche positiven Wirkungen unter geeigneten Bedingungen von ihrem Einsatz zu erwarten sind. Dazu gehört, dass Pflanzenkohle als Futtermittelzusatz bereits heute erfolgreich in der Tierhaltung zur Verbesserung der Tiergesundheit eingesetzt wird und in Verbindung mit Düngemitteln zur Ertragssteigerung oder zur Stabilisierung von Erträgen führen kann. Daneben kann Pflanzenkohle einem Humusschwund der Böden entgegenwirken, Nitratauswaschung verringern und die Wasserspeicherfähigkeit von Böden erhöhen. Alle diese positiven Eigenschaften können dazu beitragen, die Resilienz landwirtschaftlicher Systeme gegenüber der Klimakrise zu steigern.

Welchen Beitrag die Pflanzenkohle als Kohlenstoffsenke leistet, hängt von ihrer Verwendung ab. Als Kompost- oder Güllezusatz oder über die Anwendung in Futtermitteln gelangt Pflanzenkohle in landwirtschaftliche oder urbane Böden und der über die Pflanzenkohle eingebrachte Kohlenstoff bleibt dort für einige Jahrhunderte stabil.

In Baumaterialien eingearbeitet, die eine Verbrennung ausschließen, kann die Abbaurate noch sehr viel kleiner sein. Beispiele hierfür sind Anwendungen in Beton, Kalkputz, Gips oder Lehm. Diese Art von Anwendungen sind weltweit von verschiedenen industriellen Akteuren in Entwicklung.

Damit Kohlenstoffsenken im notwendigen Umfang geschaffen werden, so die Autoren, braucht es eine Kohlenstoffsenken-Ökonomie mit entsprechenden finanziellen Anreizen. Entscheidend ist dabei, dass robuste Systeme entwickelt werden, die nachprüfbar sind, Doppelzählungen sicher vermeiden und bei denen die Dauerhaftigkeit der Kohlenstoffsenken und damit die tatsächliche Klimawirkung mit wissenschaftlich fundierten Berechnungsmethoden abgebildet wird.

Den Autoren ist es wichtig darauf hinzuweisen, dass die Nutzung fossiler Ressourcen und die damit verbundenen Treibhausgasemissionen auf keinen Fall durch temporäre Senken von ein paar Jahren “ausgeglichen“ werden kann. Während sich die Kohlenstoffemissionen aus der Verbrennung fossiler Energieträger auch nach 1000 Jahren noch auswirken, können Kohlenstoffsenken, die z.B. durch Aufforstung geschaffen werden sollen, aufgrund von Bränden, wie in den letzten Jahren vermehrt in Sibirien, Australien, Kalifornien oder im Amazonasgebiet zu beobachten, von kurzer Dauer sein oder zu einer zusätzlichen Quelle werden. Die schnellstmögliche Reduktion von Treibhausgasemissionen bleibt unverzichtbar, und das parallele Schaffen von Kohlenstoffsenken darf nicht zu einem diesbezüglich weniger ambitionierten Vorgehen missbraucht werden. Es wäre ein Irrweg, so die Autoren „die klassische und ohnehin zu kurz gegriffene Argumentationslinie für den Emissionshandel, der Einsparungen dort zu realisieren versucht, wo sie am billigsten zu haben sind, in naiver Weise auf die Kohlenstoffsenken-Ökonomie zu übertragen.“

Das whitepaper steht hier zum Herunterladen bereit.
Fragen zum Papier können gerichtet werden an den korrespondierenden Autor Hansjörg Lerchenmüller per E-Mail hansjoerg (at) lerchenmueller-consulting.com

Sackgasse Brennstoffemissionshandel: Wie das Gesetz die Energiewende ausbremst

Um die Fehlerkultur ist es in Deutschland schlecht bestellt. Denn „die“ Regierenden neigen dazu, einmal eingeschlagene Wege nicht mehr zu verlassen. Komme, was da wolle. Statt zur Seite zu treten, aus Fehlern zu lernen und überlegt einen neuen Pfad einzuschlagen, muss erst der Abgrund erreicht sein. Soziologen sagen, menschliches Verhalten sei allgemein stark habitualisiert, wie das Beispiel COVID 19 zeige. Das Festhalten an alten Gewohnheiten gilt gerade auch dafür, sich an bestehende Gesetze zu klammern und diese mit immer noch einer Reform zu „verschlimmbessern“.

Paragraphen-Dschungel Energiewende

So trat am 1. November 1977 die erste Wärmeschutzverordnung in Kraft. Nach den Ölpreisschocks sollte damit der Verbrauch an fossilen Energieträgern beim Heizen reduziert werden. Aus den anfänglich sechs Seiten sind die Energieeinsparverordnung bzw. das Gebäudeenergiegesetz mit über 100 Seiten und ein Vielfaches an Normen geworden. Kaum einer blickt da noch durch. Unsere Gebäude, ob Neu- oder Altbauten, sind dennoch weit von Klimaneutralität entfernt.

Das gleiche gilt für das derzeit heiß diskutierte Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Gestartet mit keinen 30 Seiten, umfasste das EEG 2017 bereits über 130 Seiten. Weitere drohen hinzuzukommen. Zwar hat das EEG unbestritten maßgeblich zum Klimaschutz in Deutschland beigetragen. Doch angesichts der heutigen Komplexität ist auch hier festzuhalten: Es ging doch schon einmal einfacher!?!

CO2-Preis-Gesetz schafft Bürokratie und hemmt Investitionen

Nun wird mit dem CO2-Preis für Heizen und Verkehr, dem sogenannten Brennstoffemissionshandelsgesetz, kurz BEHG, der gleiche Fehler wiederholt. Der gewählte Einführungsweg eines Festpreis-Emissionshandels ist so kompliziert, dass eine Armada an Paragraphen im Anmarsch ist. Startet das BEHG am 1.1.2021 selbst noch mit bescheidenen zwölf Seiten, sind für die Umsetzung 13 (!) Rechtsverordnungen von Nöten. Bereits die ersten beiden Verordnungen umfassen zusammen mehr als 40 Seiten. Der Grund für den Irrsinn ist mehr als banal: CDU/CSU sperrten sich partout gegen eine CO2-basierte Energiesteuerreform. Warum? Weil darin das „böse“ Wort Steuer auftaucht. Dabei gilt selbst in den eigenen Reihen der Union eine Reform staatlich induzierter Preisbestandteile im Energiebereich als überfällig. Oder anders formuliert: Weil Deutschland mit die höchsten Strompreise in Europa hat, müssen mit einer Energiesteuerreform Steuern, Umlagen und Entgelte sowieso reformiert werden.

Statt Bürokratieabbau wird Bürokratie aufgebaut

So nimmt die Union billigend in Kauf, den Unternehmen ein bürokratisches Monster aufzuhalsen. Und als sei das alles noch nicht genug, passiert, was immer mit Klimaschutzgesetzen passiert: Ihre durch die geringen CO2-Preise von anfänglich 25 Euro geschmälerte Lenkungswirkung wird heillos durch Ausnahmen verwässert. Denn mit der Verordnung zum Schutz vor Abwanderung (Carbon Leakage-Verordnung) werden große Teile der Verursacher von Treibhausgasen von der Regel ausgenommen. Natürlich mit immensem bürokratischem Aufwand. Das vergiftete Sahnehäubchen des Ganzen ist “last but not least“, dass das BEHG droht, verfassungswidrig zu sein und damit teuer rückabgewickelt zu werden. Natürlich mit noch mehr Bürokratie. Dabei ginge es auch anders, wie unsere Vorschläge und zahlreiche Beispiele von Unternehmen zeigen.

Weitere Informationen hier.

Pressekontakt:
Ulf Sieberg, Leiter Büro Berlin, CO2 Abgabe e.V., Tel. 0152 553 70 200, Ulf.Sieberg@klimaschutz-im-bundestag.de

Wie die EU die Klimakrise bekämpfen will

Das EU-Emissionsreduktionsziel soll erhöht werden, dafür ändert sich die Berechnung.

In ihrer ersten Rede zur Lage der Europäischen Union vom 16. September schlug EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) ein erhöhtes EU-Emissionsminderungsziel von -55% (statt ursprünglich 40%) bis 2030 im Vergleich zu 1990 vor. Dies sei nötig, um die das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 schrittweise zu erreichen. Die bisherigen Maßnahmen würden eine Reduktion von -41% der Emissionen bis 2030 erzielen. Laut Paris-Abkommen müssten jetzt jedoch bereits mindestens -71% der EU Emissionen eingespart werden.

In einem Papier zur Folgenabschätzung hat die Kommission zudem die Handlungsoptionen in den einzelnen Sektoren geprüft. Vor allem der Energiesektor, der für drei Viertel der CO2-Emissionen in der EU verantwortlich ist, soll durch den verstärkten Ausbau erneuerbarer Energien und Energieeffizienz ernste Fortschritte machen.

Außerdem wird vorgeschlagen, nach Vorbild des deutschen Brennstoffemissionshandelsgesetzes  den Emissionshandel auf Heizen und Verkehr , mit einer stärkeren Deckelung der Emissionsberechtigungen auszuweiten. Allerdings ist dies schwieriger, als gesagt. Auch laufen Teile der Industrie und der Mitgliedsstaaten Sturm gegen die Pläne. Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft ist daher gefordert, einen CO2-Mindestpreis und einheitliche, sektorübergreifende CO2-Preise entscheidungsreif voranzubringen (wie es unsere MdB-Mitglieder und Unternehmen gefordert haben). Des Weiteren wurde die Einführung eines Grenzausgleiches genannt, um dem Risiko der Verlagerung von CO2-Emissionen entgegenzuwirken. Mit zu vielen Ausnahmeregelungen droht das Instrument eines Grenzausgleiches seine Lenkungswirkung zu verlieren, wie die Diskussion in Deutschland und die Pläne der Bundesregierung für weitreichende Ausnahmen zeigt. Wie aus unserer Sicht ein Grenzausgleich gelingen kann, lesen Sie hier.

Auch die Berechnungsmethode des neuen Klimaziels soll sich ändern. Anders als bisher, soll das Ziel nun mit Netto-Emissionen berechnet werden. Das bedeutet, dass auch „negative Emissionen“, also Maßnahmen, durch die Emissionen aus der Atmosphäre entzogen werden (sogenannte Senken), angerechnet werden dürfen. Umweltverbände betrachten daher das neue Ziel als „Mogelpackung“.

Konkrete Handlungsempfehlungen sollen in einer detaillierteren Folgenabschätzung im Juni 2021 folgen.

Derzeit laufen Konsultationen der EU-Kommission zum Erreichen der Klimaziele der EU, zum Grenzausgleich und zur Energiebesteuerungsrichtlinie. Sie können sich auch als Privatperson daran beteiligen. Um Ihnen die Teilnahme zu erleichtern, werden wir Ihnen in einem gesonderten Mailing eine Musterantwort auf unserer Homepage sowie per Email bald möglichst bereitstellen.

 

Weiterführende Informationen des CO2 Abgabe e.V.:

Bild: CC-BY-4.0: © European Union 2019 – Quelle: EP

Deutsches Programm der EU-Ratspräsidentschaft konsequent umsetzen

Dass es der Satz in das deutsche EU-Ratsprogramm geschafft hat, kann eigentlich niemanden verwundern. Auf Seite 16 steht dort: „Wir wollen im Rat auch europäische Handlungsansätze zur Erreichung der Klima- und Energieziele diskutieren, insbesondere die Ausweitung der CO2-Bepreisung auf alle Sektoren und die Einführung einer moderaten CO2-Mindestbepreisung im Rahmen des europäischen Emissionshandelssystems (EU-ETS).“ Bereits im Klimaschutzprogramm 2030 vom 20. September 2019 hatten sich die Regierungsparteien von CDU/CSU und SPD darauf verständigt. Auch gibt es zahlreiche EU-Mitgliedsstaaten, die sowohl einen Mindestpreis, wie auch eine Ausweitung des Emissionshandels einfordern. Neben Frankreich, das dies immer wieder im Zuge der deutsch-französischen Regierungskonsultationen deutlich gemacht und dies mit der Macron-Merkel-Initiative schriftlich vereinbart hat, fordern auch die Niederlande, Österreich (wo die Forderungen im Koalitionsvertrag festgelegt sind), Schweden und Dänemark.

Mindestpreis und einheitlicher CO2-Preis drohen nicht voranzukommen

Doch innerhalb der Bundesregierung fühlt sich wohl niemand wirklich für dessen Umsetzung verantwortlich. Auf eine schriftliche Frage eines Mitglieds des Deutschen Bundestages an das Bundeskanzleramt, welches Ressort innerhalb der Bundesregierung federführend ist, antwortet die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium (BMU) Schwarzelühr-Sutter (SPD): „Die Frage der Federführung richtet sich nach der Geschäftsverteilung innerhalb der Bundesregierung. In den europäischen Gremien vertreten die nach der Geschäftsverteilung der Bundesregierung federführenden Ministerien die Bundesregierung. Im Bereich des Europäischen Emissionshandels ist dies entsprechend das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit. (…).“ Die dort vertretenen Positionen würden mit allen betroffenen Ressorts abgestimmt. Die Betroffenheit sei von dem jeweiligen Dossier abhängig. Im Bereich des Emissionshandels seien neben dem Bundeskanzleramt typischerweise auch Bundeswirtschafts-, Bundesverkehrs, Bundeslandwirtschafts-, Bundesinnen-, Bundesfinanzministerium und Auswärtiges Amt. Doch Bundesumweltministerien Schulze (SPD) sagte bereits im Juni bei einer Veranstaltung der Deutschen Energie-Agentur (Dena), dass sie die Diskussion zu Mindestpreis und einheitlichem EU-ETS im Wirtschafts- und Energieausschuss des EU-Parlaments verortet sehe(hier ab Min. 42:30). Und damit bei Bundeswirtschaftsminister Altmaier (CDU). Der lies das Thema bei der Präsentation in den Ausschüssen des Europaparlaments aber vollständig aus. Schulze antwortete im Umweltausschuss des EU-Parlaments auf die Frage von Peter Liese (CDU), ob die Ausweitung des Emissionshandels auf Heizen und Verkehr in Deutschland nicht auch ein Modell für Europa sei, dass es einen ganzen Instrumentenkasten und nicht nur ein Instrument wie den CO2-Preis brauche. Die Vorschläge würden gesammelt und gebündelt vorgestellt. Konkret wurde sie nicht. Schulze erbat sich bei der Dena zudem Unterstützung durch Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Unternehmen. Anders formuliert: Ohne Druck auf der europäischen Ebene wird weder Schulze noch sonst jemand in der Bundesregierung aktiv. In Deutschland hatten sich bereits Unternehmen, Wissenschaftler der Leopoldina und der Energiewende-Monitoring-Kommission sowie Mitglieder des Bundestages dafür ausgesprochen, die Themen in der deutschen EU-Ratspräsidentschaft voranzubringen.

Ziele wichtiger als Maßnahmen

Doch nicht nur in der Bundesregierung hakt es. Auch die EU-Kommission hat die Themen Mindestpreis und ETS-Ausweitung erst einmal auf Juni 2021 vertagt. Während auch der sozialdemokratische EU-Klimakommissar Frans Timmermans (SPE) kein Befürworter von Mindestpreisen ist (dazu siehe  auch Stefanie Hiesinger, im Kabinett von F. Timmermans ab Min. 24:30, 35:50 und 47:30), sondern stattdessen die Anpassung der Marktstabilitätsreserve befürwortet (warum diese allein nicht ausreicht siehe Positionspapier), halten die meisten deutschen Nichtregierungsorganisationen statt konkreter Maßnahmen die EU-Klimazielverschärfung für das innerhalb der deutschen Ratspräsidentschaft prioritäre Thema. Damit droht die Instrumentendebatte um ein Jahr verschoben zu werden. Dabei braucht es nichts wichtigeres als Maßnahmen, Maßnahmen, Maßnahmen! Und das auch, damit die 750 Milliarden Euro des EU Recovery Funds, auf das sich die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten nach hartem Ringen geeinigt haben, auch in klimafreundliche Maßnahmen fließen können. Gerade ein CO2-Mindestpreis im EU-ETS sowie eine schnell angepasste Energiesteuerrichtlinie könnten hier ihre Lenkungswirkungen entfalten. Und das vor allem dann, wenn Klimaschutz nur die zweite Priorität ist, es aber keine klimaschädlichen Investitionen geben soll. Mit dem für September angekündigten Impact Assessment im Rahmen des Fahrplans „2030 Klimaziele“ und dem Konsultationsprozess zur Revision der Energiesteuerrichtlinie sowie zum CO2-Grenzausgleich bieten sich zumindest Anlässe, den CO2-Preis auf die Agenda zu hieven.

Bild: Umweltbundesamt, Bildautor: Sarah Le Clerk

Ausblick 2.Halbjahr 2020 – Konjukturpaket, Kohleausstieg und EU-Ratspräsidentschaft

Konjunkturpaket
In den letzten Sitzungstagen vor der Sommerpause stehen noch die Verabschiedung von milliardenschweren Gesetzespaketen im Bundestag an. Am 2. Juli das zweite Nachtragshaushaltsgesetz und Gesetz über begleitende Maßnahmen zur Umsetzung des Konjunktur- und Krisenbewältigungspakets. Im Konjunkturpaket sind mehr als 130 Milliarden Euro für die Jahre 2020 und 2021 vorgesehen, davon etwa 80 Milliarden Euro für Konsummaßnahmen und 50 Milliarden Euro für Investitionen. Für eine sozialökologische Transformation reicht das Paket bei weitem nicht. Neben der Finanzierung der „Wasserstoffstrategie“ sind elf Milliarden Euro zur Senkung der Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vorgesehen.

Senkung der EEG Umlage (Änderung der Erneuerbare-Energien-Verordnung)
Zur Absenkung der EEG-Umlage aus Haushaltsmitteln muss auch die Änderung der Erneuerbare-Energien-Verordnung  im Bundestag abgestimmt werden. Ohne politischen Eingriff könnte die EEG-Umlage laut Agora Energiewende im Jahr 2021 auf 8,6 Cent und laut EWI auf bis zu 10 Cent pro Kilowattstunde ohne die Absenkung aus Haushaltsmitteln (z.B. aus der CO2-Bepreisung über das Brennstoffemissionshandelsgesetz) ansteigen.

Reform des Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG)
Die Reform des Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) wurde zwar von der Bundesregierung Ende Mai beschlossen u.a. mit einem anfänglichen CO2-Preis von 25 € pro Tonne CO2, einen Termin für die Verabschiedung des Gesetzes gibt es jedoch noch nicht. Voraussichtlich für den 19. September ist auf Betreiben der FDP Fraktion eine weitere Anhörung zur Verfassungskonformität des BEHG geplant. Die FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag hatte dazu ein Rechtsgutachten des Staats- und Verwaltungsrechtlers Prof. Wernsmann von der Universität Passau zur Verfassungskonformität des BEHG vorgelegt.

Kohleausstieg
Über die Gesetze zum geplanten Kohleaustieg stimmt der Bundestag am Freitag, 3. Juli 2020 ab. Im Vorfeld hat sich die Bundesregierung mit den Betreibern der Braunkohlekraftwerke und Tagebaue auf einen öffentlich-rechtlichen Vertrag geeinigt.
Der Vertrag gibt kaum Aufschluss darüber, wofür die Konzerne eigentlich entschädigt werden, wie Stellungnahmen vom FÖS und den Rechtsanwälten Gaßner & Buchholz kritisieren.

Zweifel gibt es auch darüber, ob die EU-Kommission die Entschädigungszahlungen als zulässige Beihilfe einstuft. Insbesondere Felix Matthes, Öko-Institut bezweifelt die Angemessenheit der Entschädigungshöhe von 1,75 Milliarden Euro für den ostdeutschen Energiekonzern Leag aus.

Wenn die Entschädigungen vor allem die Rekultivierung der Tagebaue finanzieren sollen, hätten die Bergämter nach Bundesbergrecht entsprechende Sicherheitsleistungen verlangen können. Das haben sie aber nicht. Die hohen Entschädigungszahlungen an die Braunkohlebetreiber führten nun auch zu entsprechenden Begehrlichkeiten bei den Betreibern von Steinkohlekraftwerken. Nach mehrtägigem Ringen haben Union und SPD sich am 29.6. darauf geeinigt, auch Betreiber von Steinkohlekraftwerken höher zu entschädigen als bisher geplant und den Umrüstbonus für KWK-Anlagen stark anzuheben (vgl. z.B. Taz vom 30.6.2020). Zu Fall kommen, könnte der öffentlich-rechtliche Vertrag noch durch die ENBW, die darauf drängt, dass mögliche Entschädigungsansprüche des Braunkohle-Lieferanten Mibrag an EnBW im Vertrag ausgeschlossen werden. Das Unternehmen besitzt einen Block des Braunkohlekraftwerks Lippendorf in der Nähe von Leipzig. Durch das frühere Ende ihres Lippendorf-Blocks kann ENBW die Braunkohle nicht wie im eigentlich vertraglich geregelten Maße abnehmen. Zeit für eine Einigung in diesem Punkt bleibt noch bis zur Entscheidung der EU-Kommission, wie der Vertrag aus Sicht des Beihilferechts zu bewerten ist, die im Herbst erwartet wird. Erst mit dem Beschluss des Bundestag am 3. Juli zum Kohleausstieg und dem Ok der EU Kommission kann der Vertrag vom Wirtschaftsministerium sowie den Energiekonzernen RWE, Leag und ENBW unterzeichnet werden.

Bislang gibt es im Vertragsentwurf bislang keine Absicherungen der Kraftwerksbetreiber zu den Auswirkungen höherer CO2-Preise zum Beispiel im Rahmen des europäischen Emissionshandels. Wird z.B. ein CO2-Mindestpreis eingeführt, dann bleiben die Verträge davon unberührt. Die Kraftwerksbetreiber dürften den Vertrag allenfalls anfechten, wenn die Bunderegierung eine spezielle Bepreisung für Braunkohle einführt. Allgemeine Preisinstrumente, die verschiedene Energieträger bepreisen und die Braunkohle nur aufgrund ihrer hohen CO2-Intensität proportional mehr verteuern, betrifft dies nicht.

EU-Ratspräsidentschaft vom 1. Juli bis 31. Dezember 2020
Um so wichtiger werden insbesondere für einen frühzeitigeren Kohleausstieg die Verhandlungen im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020. Eine Zielerhöhung von 40 % auf 55 %-CO2-Redukion seitens der EU im Rahmen des Green Deal für das Jahr 2030 gelten als wahrscheinlich. Die Auswirkungen auf Deutschland sind zwar im Detail noch nicht absehbar, aber es spricht vieles dafür, dass Deutschland bereits bis 2030 aus der Kohle ausgestiegen sein muss, um die Klimaschutzziele zu erreichen.

Das nationale Programm für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft vom 1. Juli bis 31. Dezember 2020 soll heute am 30.6.2020 veröffentlicht werden. Der uns vorliegende Entwuf enthält den Satz „Wir wollen im Rat auch europäische Handlungsansätze zur Erreichung der Klima- und Energieziele diskutieren, insbesondere die Ausweitung der CO2-Bepreisung auf alle Sektoren und die Einführung einer moderaten CO2-Mindestbepreisung im Rahmen des europäischen Emissionshandelssystems (EU ETS).“

Bisher gibt es keinerlei veröffentlichte Vorstellung seitens der Bunderegierung was unter einer moderaten CO2-Mindestbepreisung zu verstehen ist und es liegen uns auch keinerlei Informationen vor, welches Ministerium hierzu federführend einen konkreten Vorschlag erarbeiten und ggf. aushandeln soll.

Während sich Prof. Edenhofer (Chefökonom des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung in einem Interview im Deutschlandfunk vom 7.6.2020), die Bundesregierung beratende „Energiewendekomission„, und die wissenschaftlichen Akademien (Akademieunion) in ihren aktuellen Stellungnahmen einig darüber sind, wie wichtig für fairen Wettbewerb und Klimaschutz ein „einheitlicher und systemweiter CO2-Preis als Leitinstrument des „European Green Deal“ ist, wächst auch langsam der Wille in der Politik diesen auch umzusetzen.
Ziel einer deutschen EU-Ratspräsidentschaft muss es sein, europäisch einheitliche ambitionierte CO2-Mindestpreise durch eine Reform des europäischen Emissionshandelssystem und eine CO2-basierte Energiepreisreform (Energiesteuerrichtlinie) sowie Grenzausgleiche oder vergleichbare Maßnahmen zum Carbon leakage Schutz auf europäischer Ebene durchzusetzen.

Meseberger Gespräche am 29.6.2020
Zum Abschluss der Meseberger Gespräche am 29.6.2020 mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel für einen Grenzsteuerausgleich ausgesprochen.

Auszug aus der Pressekonferenz:
Frage an die Bundeskanzlerin: „Heute Vormittag hat Präsident Macron angekündigt, eine CO2-Steuer an den Grenzen der EU einzuführen. Sind Sie bereit, diesen Vorschlag in den nächsten Monaten umzusetzen? Wenn ja, innerhalb welcher Frist kann Ihrer Ansicht nach eine solche Steuer eingeführt werden?“

Antwort Bundeskanzelrin Angela Merkel: „… zu der Frage des Klimaschutzes und der Grenzsteuer – „border adjustment tax“ -: Es ist eine gemeinsame Position, dass wir eine solche Steuer brauchen. Das muss im Zusammenhang mit unseren Klimazielen dann auch entschieden werden. Für uns in Deutschland ist wichtig – aber ich glaube, da gibt es auch gar keinen Widerspruch mit Frankreich -, dass sie WTO-kompatibel sein muss. Das ist nicht ganz trivial. Aber wenn wir sehr ambitionierte Klimaschutzziele haben, dann müssen wir uns sozusagen auch gegenüber denen schützen, die Produkte klimaschädlicher beziehungsweise unter weit viel mehr Ausstoß von CO2 zu uns importieren.
Wir haben im Grunde zwei Schutzmöglichkeiten für unsere Industrie: Das eine ist mit Blick auf den Klimaschutz die Frage, wie welches Produkt produziert worden ist, und das zweite ist die Frage: Wie können wir unserer Industrie eine Möglichkeit geben – zum Beispiel dadurch, dass energieintensive Industrien eine Strompreiskompensation bekommen -, wettbewerbsfähig auf den Weltmärkten zu sein? Diese beiden Instrumente brauchen wir, und das Instrument der „border adjustment tax“, also der Grenzsteuer mit Blick auf den Klimaschutz, muss entwickelt werden. Ganz einfach wird es nicht sein, aber wir müssen uns der Aufgabe stellen.“

IEA und IWF empfiehlt nachhaltigen Umbau der Energiesysteme
In einem Sonderbericht zur nachhaltigen Erholung von der Coronavirus-Pandemie schlägt die Internationale Energieagentur (IEA) zusammen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) vor, in den nächsten drei Jahren eine Billion Dollar (ca. 0,7% des weltweiten BIP jährlich in Stromtrassen, Gebäudesanierungen und Erneuerbare Energien zu investieren, das entspräche einem Drittel von insgesamt neun Billionen Dollar, die von Regierungen zur Bewältigung der COVID-19-Pandemie angekündigt seien. Von ihrem Vorschlag erwarten IEA und IWF dass es möglich ist, gleichzeitig das Wirtschaftswachstum anzukurbeln, Millionen von Arbeitsplätzen zu schaffen und Emissionen entsprechend der Klimaschutzziele zu mindern.

Das Leitinstrument für den Klimaschutz

Am 1. Juli 2020 beginnt die deutsche EU-Ratspräsidentschaft. Neben den Folgen der Corona-Krise und der mittelfristigen Haushaltsplanung spielt der Green Deal eine zentrale Rolle, Europa bis zur Mitte des Jahrhunderts klimaneutral zu machen. Das Leitinstrument für den Klimaschutz: Ein einheitlicher CO2-Preis über alle Sektoren inklusive Mindestpreis.

Bei einem parlamentarischen Frühstück des CO2 Abgabe e.V. mit Mitgliedern des Deutschen Bundestages, das wegen der COVID-19-Krise online und unter dem Motto „Gleiche Wettbewerbsbedingungen für Europa: Wie europäische und nationale Emissionshandelssysteme verzahnt werden können“ stattfand, sprachen sich Armin Schuster (CDU), Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Lörrach-Müllheim und Klaus Mindrup, Abgeordneter für den Wahlkreis Berlin-Pankow, beide Mitglieder des CO2-Abgabe e.V. und Schirmherren der Veranstaltung, für eine einheitliche und sektorübergreifende CO2-Bepreisung aus.

Unterstützt wurden sie dabei von einem Branchenbündnis aus Energieversorgern, Stadtwerken, Netzbetreibern und Direktvermarktern. Sie fordern von der Bundesregierung ebenfalls, sich für eine ambitionierte, einheitliche und sektorübergreifende CO2-Bepreisung einzusetzen. Der bestehende EU-Emissionshandel für den Stromsektor und Teile der Industrie müsse schnellst möglich mit einem CO2-Mindestpreis versehen werden.

Wie der Weg zu einheitlichen CO2-Preisen über alle Sektoren aussehen kann, fasst das Positionspapier „Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft zum Treiber für gleiche Wettbewerbsbedingungen und Klimaschutz in Europa machen“ zusammen. Es beruft sich u. a. Ausführungen des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), das in einem öffentlichen Fachgespräch zum Kohleausstieg für die Weiterentwicklung des EU-Emissionshandels und der Marktstabilitätsreserve zu einer Preisstabilitätsreserve plädiert hatte.

Die Bundesregierung plant, im Europäischen Rat insbesondere die Ausweitung der CO2-Bepreisung auf alle Sektoren und die Einführung einer moderaten CO2-Mindestbepreisung im Rahmen des europäischen Emissionshandelssystems zu diskutieren. Bereits mit den Beschlüssen der Bundesregierung zum Klimaschutzprogramm 2030 mit CO2– Mindestpreis und nationalem Brennstoffemissionshandel, der Merkel-Macron-Initiative für einen CO2-Mindestpreis sowie dem Green Deal zur u. a. Erweiterung des EU-Emissionshandels und der Evaluierung der EU-Energiesteuerrichtlinie hat sich die Bundesregierung für eine Weiterentwicklung des CO2-Bepreisungsinstrumentes ausgesprochen. Darüber hinaus will, die Bundesregierung die Klimaziele der EU auf 55% Treibhausgasreduktion gegenüber 2005 verschärfen sowie ein EU-Klimaschutzgesetz verabschieden.

Zuletzt bekam das Thema weiteren Schub durch die aktuellen Stellungnahmen der Energiewende-Monitoring-Kommission und den Wissenschaftsakademien Leopoldina, Acatech und Akademienunion.

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und

https://klimaschutz-im-bundestag.de/2020/05/26/erwartung-an-die-deutsche-eu-ratspraesidentschaft/

 

Corona- und Klimakrise verzahnen: Wie Industrie und Mittelstand in Europa und in Deutschland klimaneutral werden

Der CO2 Abgabe e.V. auf den Digitalen Berliner Energietagen 2020

Berlin, 4. Juni 2020. Die Corona-Krise stellt die Wirtschaft auf eine nie dagewesene Belastungsprobe. Auf den dieses Mal digital durchgeführten Berliner Energietagen 2020 diskutierten wir in drei aufeinander folgenden Veranstaltungen mit 250 Teilnehmenden aus Wissenschaft, der britischen Botschaft, Ministerien, der EU-Kommission, Unternehmen aus Industrie und Mittelstand sowie dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft, wie sich Corona- und Klimakrise verzahnen lassen, um die Wirtschaft in Europa und Deutschland klimaneutral zu machen. Die Veranstaltung stand auch im Lichte des Konjunkturprogramms, auf das sich die Bundesregierung in der Nacht zuvor geeinigt hatte.

Block I: Corona- und Klimakrise verzahnen

Im ersten Teil der Veranstaltungsreihe warben Dr. Brigitte Knopf, Generalsekretärin vom Mercator Research Institut on Global Commons and Climate Change (MCC) und Dr. Rachel King, Botschaftsrätin der Britischen Botschaft in Berlin für die Einführung eines CO2-Mindestpreises im EU-Emissionshandel. Deutschland könne hier auf die Erfahrungen und Erfolge mit dem im Jahr 2013/14 in Großbritannien eingeführten Carbon Price Floor zurückgreifen. Die EU-Ratspräsidentschaft böte die Chance, das Thema voranzutreiben. Frau Dr. Knopf verwies zudem darauf, dass es neben den Zielen für einen ambitionierten Klimaschutz in der EU und ein Klimaschutzgesetz endlich auch um die Umsetzung zur Zielerreichung gehen müsse. Gerade die Sektoren Wärme und Verkehr müssten dazu in den Blick genommen und ein CO2-Preis als deutsches und europäisches Leitinstrument und ökonomische Grundlage für den Klimaschutz vorangetrieben werden. Prof. Dr. Arnim Nassehi, Lehrstuhlinhaber für Soziologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München gab eine Einordnung der Corona- und der Klimakrise. So lege die Corona-Krise die Zielkonflikte moderner Gesellschaften schonungslos offen. Allerdings sei das Verlernen klimaschädlichen Verhaltens das Schwierigste überhaupt, da menschliches Verhalten stark habitualisiert sei. Leider sei das Verhalten nach dem Lockdown das Gleiche wie vor der Krise und die Vorstellungen der Politik, die Krise(n) zu bewältigen sei ohne das Anfachen des Konsums wohl nur schwer vorstellbar.

Block II: Wie werden Industrie und Mittelstand in Deutschland und Europa klimaneutral?

Im zweiten Teil der Veranstaltung diskutierten dann Stefanie Hiesinger aus dem Kabinett von EU-Kommissar Frans Timmermans, Malte Bornkamm vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie sowie Dr. Steffen Jenner vom Bundesministerium der Finanzen, wie die Europäische Union und Deutschland klimaneutral werden könnten vor dem Hintergrund des aktuellen Beschlusses der Bundesregierung zum Konjunkturprogramm.

Herr Bornkamm stellte klar, dass es beim Konjunkturprogramm um einen Impuls für die bestehenden Strukturen ginge, um die Wirtschaft kurzfristig wieder zum Laufen zu bringen. Trotzdem seien auch hier bereits Impulse für die Transformation enthalten, wie technologische Entwicklungen der erneuerbaren Energien oder beim Wasserstoff. Die Hälfte der 140 Milliarden Euro würde auf den Klimaschutz einzahlen. Dagegen hatte Herr Dr. Lange vom CO2 Abgabe e.V. in seiner Eingangsbegrüßung die Mittel für den Klimaschutz nur auf 14 Milliarden Euro beziffert. Auf die Frage, warum Deutschland keinen Carbon Price Floor habe und den Kohleausstieg marktwirtschaftlich organisiert, argumentierte er, Deutschland würde parallel auch den Atomausstieg bewältigen und hätte starke Braunkohleanteile. Grundsätzlich seien marktwirtschaftliche Anreize richtig, auch wenn der Kohleausstieg nicht so zu bezeichnen sei. Überlegungen, im Rahmen des Konjunkturpakets klimaschädliche Subventionen abzubauen habe es nicht gegeben. Mit Spannung blicke das BMWi auf die Vorschläge der EU-Kommission zum Grenzausgleich. Damit verbunden seien Fragen der Kontrollmechanismen und die Vermeidung von Umgehungsmöglichkeiten. Der Carbon Leakage-Schutz in Deutschland habe sich bewährt. Die Schlechterstellung von Teilen der Industrie bei der Strompreiskompensation durch die EU-Kommission müsse verhindert werden. EU-Kommissarin Vestager hatte angekündigt, Unternehmen von der Liste zu streichen. Dies würde vor allem Unternehmen benachteiligen, die bereits in den Klimaschutz investiert haben.

Herr Dr. Jenner aus dem BMF verteidigte den „Wumms“, den die Bundesregierung verabschiedet habe, als Weg in die richtige Richtung. Maßnahmen aus dem Klimaschutzprogramm 2030 würden aufgestockt und nun durch das Konjunkturprogramm angeschoben. Beispiele wie das Thema Wasserstoff würden jetzt erst erstmals angegangen. Damit habe das Konjunkturprogramm eine Transformations- und Klimaschutzdimension, um aus der Corona-Krise zu kommen. Zentrales Instrument sei der Emissionshandel, um Investitionen in Industrie und Wirtschaft in die richtigen Bahnen zu lenken. Diskutiert werden müsse, ob es einen CO2-Mindestpreis im Emissionshandel geben muss, um Investitionen in den Klimaschutz durch sinkende Preise nicht zu entwerten. Am bestehenden Carbon Leakage-Schutz der Industrie müsse festgehalten werden. Perspektivisch müsse der Anteil der Förderung der Bundesregierung abnehmen und marktwirtschaftliche Anreize und klare Vorgaben zunehmen.

Frau Hiesinger von der EU-Kommission sagte, mit dem Europäischen Grünen Deal habe man eine Wachstumsstrategie vorgelegt, wie klimafreundliche Technologien vorangebracht werden können. Zudem gebe es zahlreiche Instrumente wie den Emissionshandel, der heute schon entsprechende Anreize bieten würde. Eine Bewertung des Konjunkturprogramms stünde ihr nicht zu. Es sei aber wichtig, dass es eine einheitliche Zielvorgabe für den Klimaschutz in der EU gebe und alle in der EU mitzunehmen, um eine kohärente Politik zu gewährleisten. Der Just Transition Funds böte dazu die Möglichkeit, dass keine Region zurückbleibe, wie die mittel- und osteuropäischen Staaten, die vor großen Herausforderungen bezüglich der Klimaneutralität stünden. Ein höherer CO2-Preis allein reiche nicht aus, um Klimaneutral zu werden. Der Emissionshandel müsse sich weiterentwickeln, zunächst stünden aber die Folgenabschätzung für ein verschärftes 2030-Klimaziel und das Klimaschutzgesetz im Vordergrund für Klimaneutralität 2050. In diesem Zusammenhang wird auch die Erweiterung des EU-EHS auf die Bereiche Verkehr und Wärme diskutiert. Der Climate Target Plan werde die grobe Richtung bereits vorgeben, allerdings werde es erst im Juni 2021 eine Folgenabschätzung zum Emissionshandel und für die Weiterentwicklung der EU-Energiesteuerrichtlinie geben, wie es im Green Deal bereits angelegt sei. All dies sei gerade in Arbeit und die Diskussion darüber nicht abgeschlossen. Der Grenzausgleich müsse diskutiert werden, auch wenn er bereits über Jahre bereits kontrovers diskutiert würde. Derzeit würden die Möglichkeiten der Ausgestaltung analysiert und dann im Frühjahr 2021 vorgestellt. Im Moment gäbe es aber einen wirksamen Carbon Leakage-Schutz durch die kostenlose Zuteilung von Zertifikaten. Die Verlagerung von Emissionen stehe bei der Diskussion im Vordergrund. Im Auge seien dabei die administrativen Kosten und die beihilferechtlichen Fragen zu behalten. International sei bis auf wenige ein Konsens gegeben den man nutzen müsse, um den Klimaschutz voranzubringen. Zur Frage, welche Unternehmen zukünftig noch Strompreiskompensationen erhielten, gäbe es noch keine finale Antwort. Es sei aber klar, dass die Mittel zur Kompensation nicht unbegrenzt seien und ein sogenanntes Soft Cap eingeführt werde. Alles unterliege der beihilferechtlichen Bewertung und sei aber noch Work in Progress.

Block III: Wie werden Industrie und Mittelstand klimaneutral?

Im dritten Teil der Veranstaltung diskutierten Ulf Gehrckens von der Aurubis AG aus Hamburg, Julian Meyer von der Mesa Parts GmbH, einem Drehteile- und Medizintechnikhersteller aus Baden-Württemberg und Mitglied im CO2 Abgabe e.V. sowie Kerstin Andreae, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft, was es brauche, damit Industrie und Mittelstand klimaneutral werden.

Kerstin Andreae sagte in ihrem Impuls, Resilienz spiele eine immer größere Rolle, um die Wirtschaft zu stärken. Dabei käme CO2-Preisen und Ordnungsrecht eine zentrale Bedeutung zu, um Investitionen in die richtigen Technologien zu lenken. Der Markt brauche Leitplanken, um ihn hin zu einer sozial-ökologischen Transformation auszurichten. Der Ausbau erneuerbarer Energien sei vor dem Hintergrund wirtschaftspolitischer Aspekte sehr wichtig, um Wertschöpfung zu generieren und auch aus der Krise zu kommen. Dazu seien allerdings die planungsrechtlichen Barrieren zu senken und mehr Wege, um Interessen auszugleichen und die Planung zu beschleunigen. Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft müssen die Frage klären, welche Rolle der Klimaschutz im Beihilferecht spielen müsse, um nicht ausgebremst zu werden. Zudem müsse mehr Geld in nachhaltige Investitionen über die EU-Taxonomie und Sustainable Finance gelenkt werden. Grüner Wasserstoff müsse die Perspektive für die Industrie sein, allerdings müsse die Diskussion hier ehrlich sein und könne nur langfristig eine Perspektive sein. Die EEG-Umlage müsse stärker als bisher geplant, gesenkt werden.

Die Einnahmen aus dem nationalen Emissionshandels sollten vollständig in die Senkung fließen und schlug einen Senkungsfonds vor, um staatlich induzierte Preisbestandteile im Energiebereich deutlich weiter abzusenken. In der Corona-Krise sei es gelungen, die Chance zu nutzen, mit dem Konjunkturpaket Maßnahmen zu fördern, die Klimaschutz und Resilienz voranzubringen. Dies müsse auch für die EU-Maßnahmen und mögliche internationale Initiativen gelten. Die Jugendlichen auf der Straße und die Umweltorganisationen hätten mit den Beschlüssen erhebliche Erfolge erzielt.

Ulf Gehrckens machte die Bedeutung für Kupfer für die Energiewende und die Energiewende deutlich, da es in jedem Transformator, in Windrädern und vielem mehr vorkomme. Elektrische Energie sei der größte Kostenblock im Unternehmen, das die größte Kupferhütte in Europa sei. Ein Drittel der Emissionen würde direkt, zwei Drittel indirekt über den Strombezug anfallen. Ein Wechsel sei noch von Erdgas zu Wasserstoff möglich, aber derzeit zu teuer. Zudem kritisierte er die EU-Kommission für die Pläne, weniger Unternehmen vor Wettbewerbsnachteilen zu schützen. So sollen Unternehmen daran gemessen werden, wieviel CO2 im Verhältnis zu ihrer Bruttowertschöpfung ausstießen. Läge der Quotient unter 1, würden keine Kompensationen mehr gegeben. Das benachteiligte Unternehmen wie Aurubis, die ihre Emissionen in der Vergangenheit bereits massiv gesenkt hätten, läge bei 0,7. Klimaschutz würde so nachträglich bestraft und Industrien mit hohem CO2-Ausstoß belohnt. Zudem sei es ein Problem, Fernwärme nicht direkt an die Endverbrauchenden zu verkaufen.

Julian Meyer verdeutlichte, dass aufgrund der intensiven Wettbewerbsbedingungen ein Grenzsteuerausgleich unausweichlich sei. Am besten zwischen der EU und dem Rest der Welt, da die Margen vieler Mittelständler extrem gering seien und die Verschlechterung des Wettbewerbs zur Abwanderung führe. Mitglied im CO2 Abgabe e.V. sei sein Unternehmen, weil die Vorschläge des CO2 Abgabe e.V. dazu führen würden, pro investiertem Euro sehr viel CO2-Einsparung zu erreichen. Ein einheitlicher CO2-Preis über alle Sektoren würde den größten Nutzen zu den geringsten Kosten ermöglichen und findet daher nicht nur bei seinem Unternehmen große Unterstützung. Industriebetriebe wie die Aurubis AG von der EEG-Umlage zu befreien sei grundsätzlich nachvollziehbar, weil ihr CO2-Footprint geringer sei als anderswo auf der Welt.

Prof. Dr. Armin Nassehi sprach die Diskrepanz zwischen lokalem Handeln auf deutscher oder europäischer Ebene im Verhältnis zu einer globalen Ebene an, denn Unternehmen wie Aurubis oder Mesa Parts stünden nun einmal im internationalen Wettbewerb, unterlägen aber keinen einheitlichen Wettbewerbsbedingungen. Darin zeige sich nicht nur der Wettbewerb, sondern auch die Steuerungsfähigkeit des Staates oder der internationalen Staatengemeinschaft. Es ginge aber nicht um reine Marktlösungen, da es diesen niemals gegeben habe und geben werde, sondern um die Verhandlungsprozesse und das Austarieren von Interessen. Er verglich die Debatte um die Klimakrise mit der Debatte um die Sozialstandards der 1970er Jahre. Es gehe daher um die richtige Kompensation, insofern sei die Debatte der EU mit dem Green Deal genau richtig. Es gäbe kein Problem der Wissenserkenntnis und der Zielsetzung, sondern der Schritte, die gegangen werden müsse und konkrete Maßnahmen. In ökonomischer Hinsicht könne keine Rede sein, aus der Corona-Krise gestärkt hervorzugehen. Auch das die enormen finanziellen Mittel vor allem für einen Re-Start herkömmlicher Wirtschaftsweisen genutzt würden, würden die Systeme nicht resilienter machen. Vielleicht läge eine Stärkung aber darin, dass verschiedene wissenschaftliche Disziplinen und wirtschaftliche wie politische Akteure sich besser verstehen, weil dann gemeinsam Lösungen wahrscheinlicher würden.

Die Veranstaltung lieferte zudem durch Umfrage unter den Teilnehmenden interessante Antworten zu Fragen der Corona- und Klimakrise und Lösungen für Industrie und Mittelstand.

Auf die Frage, ob die Menschheit aus der Coronakrise für die Klimakrise lernt, antworteten 78 Prozent, „ein bisschen, aber bei weitem nicht genug, um den Herausforderungen gerecht zu werden du eine sozial-ökologische Transformation einzuleiten“.

67 Prozent der Befragten sagten zudem, dass die konjunkturellen Hilfen der EU und Deutschlands nicht ausreichten, um die Klimaziele zu erreichen.

Für gute Klima- und Wirtschaftspolitik hielten 44,4 Prozent der Befragten die These von Herrn Dr. Jenner aus dem Bundesministerium für Finanzen, dass „Klimapolitik hauptsächlich als Förderpolitik zu verstehen, (…) wenn überhaupt kurzfristig sinnvoll [ist]. Mittel- und langfristig müssen Preise und Regeln die Lenkungsfunktion übernehmen“. 28,6 Prozent sprachen sich unter der gleichen Frage für einen CO2-Mindestpreis in Höhe von 50 Euro über alle Sektoren sowie einen Schutz der Industrie vor Carbon Leakage durch einen Grenzausgleich oder eine Konsumabgabe aus. Auf die direkte Frage, wie die Grundstoffindustrie bei der Dekarbonisierung unterstützt werden sollte, antworteten 77,3 Prozent der Befragten durch eine echten Grenzsausgleichsmechanismus. Im letzten Jahr hatten sich bei den Energietagen 68 Prozent bereits gegen die bestehende Strompreiskompensation für die Industrie ausgesprochen. Bei genauerer Nachfrage unter den Teilnehmenden forderten knapp 70 Prozent einen wirksamen CO2-Mindestpreis im Emissionshandel gefolgt von höheren CO2-Preisen durch Begrenzung der Emissionszertifikate mit 55 Prozent und einem Grenzausgleich sowie Carbon Contracts for Difference mit jeweils 40 Prozent der Stimmen.

Zu den Hintergrundfolien: 202000604_Folien_Energietage

Zu den Videobeiträgen

Zu den Umfrageergebnissen von 2020: Umfrageergebnisse BETs 2020