MEDIENINFO 17/2020
Zum heute bekannt gewordenen Entwurf* einer Verordnung über Maßnahmen zur Vermeidung von Carbon Leakage durch den nationalen Brennstoffemissionshandel (CO2-Preisgesetz für Heizen und Verkehr) erklärt Dr. Jörg Lange, geschäftsführender Vorstand des CO2 Abgabe e.V.:
„Die Bundesregierung sollte mit Ausnahmen sehr sparsam umgehen. Denn jede Ausnahme schmälert die Lenkungswirkung für den Klimaschutz. Positiv zu bewerten ist, dass der vorliegende Entwurf zur Vermeidung von Carbon Laekage und zum Erhalt der grenzüberschreitenden Wettbewerbsfähigkeit betroffener Unternehmen einen angemessenen Ausgleich findet und Beihilfen an Gegenleistungen knüpft. So müssen Investitionen in Höhe von 80 Prozent der Kompensationszahlungen aus dem Vorjahr in Klimaschutzmaßnahmen fließen. Daran ist unbedingt festzuhalten. Wir fordern, dass die Unternehmen Anfang 2022 einen Transformationsfahrplan vorlegen müssen, der Auskunft darüber gibt, wie gezahlte Beihilfen innerhalb der nächsten vier Jahre zur Reduktion von CO2-Emissionen eingesetzt werden sollen.
Verbesserungsbedarf besteht vor allem bei der Höhe der Kompensationsleistungen insgesamt und der Anrechnung der Strompreisentlastung. So ist der Kompensationsgrad betroffener Unternehmen von bis zu 95 Prozent zu hoch bemessen. Die Anrechnung der EEG-Umlagenabsenkung auf die Beihilfe in Höhe von 1,37 Cent je Kilowattstunde ist zu niedrig angesetzt. In beiden Fällen ist eine angemessene Beteiligung der Unternehmen am Klimaschutz notwendig. So sollte der Kompensationsgrad stärker gedeckelt und die EEG-Umlagenabsenkung mit 3,15 Cent vollständig von der Beihilfe abgezogen werden. Damit würden die CO2-Preiseinnahmen in Höhe von 10,8 Mrd. Euro angerechnet.
Der Entwurf der Verordnung, wie er dem CO2 Abgabe e.V. vorliegt, zeigt, dass die Bundesregierung mit dem Brennstoffemissionshandelsgesetz und seinen dreizehn Verordnungen den Weg des größtmöglichen bürokratischen Aufwandes gewählt hat. Statt Ausnahmen sollten stattdessen Instrumente greifen, welche die Unternehmen bei der Dekarbonisierung unterstützen. Dazu gehören Differenzverträge (Carbon Contracts for Difference) genauso wie der von der EU-Kommission vorgeschlagene CO2-Grenzausgleich. Zudem sind zeitnah noch genauere Folgenabschätzungen für betroffene Unternehmen einzuholen.“
Hintergrund: Zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie sollen Unternehmen künftig im Rahmen des nationalen Brennstoffemissionshandels einen finanziellen Ausgleich beantragen dürfen, sofern ihnen durch den CO2-Preis Nachteile im internationalen Wettbewerb entstehen. Als Gegenleistung sollen die begünstigten Unternehmen verpflichtet werden, ein Energiemanagementsystem zu betreiben und Maßnahmen umzusetzen, die die Energieeffizienz verbessern und CO2-Emissionen verringern. Die nach § 11 Abs. 3 des BEHG vorgesehene Carbon-Leakage-Verordnung richtet sich dabei nicht an die berichtspflichtigen Unternehmen, die fossile Brennstoffe in Verkehr bringen, sondern an Unternehmen, die diese Brennstoffe im Produktionsprozess einsetzen, die zusätzlichen CO2-Kosten jedoch aufgrund der Wettbewerbssituation mit ausländischen Anbietern nicht über die Produktpreise an Endverbrauchende weitergeben können. Die Anzahl der beihilfeberechtigten Unternehmen sowie das Gesamtbeihilfevolumen entscheidet dabei über die Lenkungswirkung des Brennstoffemissionshandels für den Klimaschutz.
Weiterführende Informationen:
- Diskussionspapier „Von Ausnahmen zu verursacher- und klimagerechten Produktpreisen“ (10/2020)
- Stellungnahme Änderung Brennstoffemissionshandelsgesetz und Bürokratieabbau (September 2020)
- Rechtsgutachten Verfassungsmäßigkeit des Brennstoffemissionshandelsgesetzes und Normenkontrolle (Juni 2020)
- Stellungnahme Brennstoffemissionshandelsgesetz (November 2019)
- Positionspapier „Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft zum Treiber für gleiche Wettbewerbsbedingungen und Klimaschutz in Europa machen“ (06/2020)
Pressekontakt:
Ulf Sieberg
Leiter Büro Berlin
CO2 Abgabe e.V.
Tel. 0152 553 70 200