Experten sind sich einig…

Die Wissenschaftler schlagen es vor, die Politiker wissen es und viele Bürgerinnen und Bürger ahnen es: Treibhausgase brauchen einen Preis, der die ökologische Wahrheit sagt und zwar bald. Und nicht nur der ehemalige Bundespräsident Horst Köhler fragt sich: „Was läuft da schief? Warum fällt es der Politik so schwer, das Wissen in Handeln zu übersetzen?“

Der wissenschaftliche Beirat des Bundesminister für Wirtschaft und Energie in seinem Gutachten „Die essenzielle Rolle des CO2-Preises für eine effektive Klimapolitik“ vom 24. Nov. 2016:

Auch auf nationaler Ebene besitzt ein CO2-Preis …. als vorrangiges klimapolitisches Instrument wichtige Vorteile. …. Er korrigiert die mit THG Emissionen verbundenen negativen Wirkungen auf das Klima direkt und effizient. Er wirkt auf effektive, transparente und faire Weise auf alle relevanten Entscheidungen der Menschen; jede einzelne Maßnahme, die zur Produktion oder Reduktion von CO2 führt wird durch einen CO2-Preis neu bewertet. Die dadurch erzeugten Anreizeffekte und Marktkräfte lenken das Verhalten in die gewünschte Richtung …

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aus Stellungnahme der Expertenkommission zum Monitoring-Prozess „Energie der Zukunft“ zum fünften Monitoring-Bericht der Bundesregierung für das Berichtsjahr 2015 vom Dezember 2016,

Seite 6 (Punkt15):

„Aus Gründen der Effizienz und der Steuerbarkeit ist jedoch ein einheitlicher und umfassender Lenkungsmechanismus wünschenswert. Vor diesem Hintergrund schlägt die Expertenkommission eine allgemeine CO2-Bepreisung als Leitinstrument vor, um einen stabilen und langfristigen Rahmen für die Transformation des Energiesystems zu setzen.“

Seite 6 (Punkt 17)

„Die nationalen Maßnahmen sollten möglichst über alle Sektoren und Technologien wirken. Eine allgemeine CO2-Bepreisung sichert dies und bietet die Möglichkeit, die Umlagen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (ca. 22,9 Mrd. Euro) und dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (ca. 1,2 Mrd. Euro), die Stromsteuern (ca. 6,6 Mrd. Euro) und ggf. weitere Energiesteuern, Umlagen etc. in ein Instrument zu integrieren und perspektivisch weitgehend zu ersetzen. In diesem Zusammenhang könnte auch die Klimareserve von Braunkohlekraftwerken wegfallen. Eine umfassende CO2-Bepreisung bedeutet also nicht primär eine zusätzliche Belastung, sondern eine Entlastung durch den umfangreichen Effizienzgewinn. Denn die aktuell existierenden komplexen Fördermechanismen bzw. Instrumente sollten im Gegenzug auf den Prüfstand gestellt werden und – soweit sie nicht durch andere Marktfriktionen jenseits des Klimaproblems gerechtfertigt werden können – abgeschafft werden. Dem CO2-Preis müssten also die abzuschaffenden Instrumente zunächst einmal gegengerechnet werden. Dieser Systemwechsel sichert langfristige Nachhaltigkeit der Transformation in eine klimaneutrale Ökonomie, da die Belastungen der Unternehmen und Haushalte im Übergang minimiert werden. Für diese Neuausrichtung spricht eine Vielzahl von weiteren Gründen. So ist die aktuelle Förderung erneuerbarer Energien nicht kompatibel mit
der wichtigen und richtigen Idee der Sektorkopplung, da auf der einen Seite mehr Strom im Gesamtsystem integriert werden soll (um fossile Energieträger im Wärme- oder Transportsektor zu vermeiden), aber gleichzeitig die Förderung der erneuerbaren Energien im Stromsektor durch das Umlagesystem den Strompreis letztlich erhöht und damit Strom unattraktiver gegenüber fossilen Energieträgern macht. Auch aus Verteilungsaspekten wäre die CO2-Bepreisung vorteilhaft, da die Einnahmen entsprechend genutzt werden können.“

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Bundespräsident a.D. Horst Köhler

aus: Die große Transformation in Zeiten des Unbehagens
Rede von Bundespräsident a.D. Horst Köhler zum 25-jährigen Bestehen der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, Berlin, 8. Dezember 2016

“Wir brauchen deshalb jetzt endlich einen wirksamen Preis auf CO2, und zwar entweder durch eine Steuer oder einen Emissionshandel, der funktioniert. Erst dann würden diejenigen Unternehmer belohnt, die sich langfristig auf eine dekarbonisierte Wirtschaft einstellen. Ein echter, weltweiter CO2-Preis würde ein globales Wettrennen auslösen in den Laboren und Denkfabriken der Unternehmen und Universitäten, um die besten Lösungen für eine klimaneutrale Ökonomie zu entwickeln.“

„Das erste Beispiel ist unser Klimaschutzplan selbst. Für den interessierten Zeitungsleser war der Entstehungsprozess eher schmerzhaft zu beobachten, wie da ein beachtlicher Ehrgeiz der Umweltministerin in den Mühlen der Ressortabstimmung so geschliffen wurde, bis am Ende nur noch ein Plan übrigblieb, der nicht mehr ehrgeizig, sondern nur noch geizig ist – geizig an politischem Mut und echter Innovationskraft. Der Plan listet auf, in welcher Branche bis wann wieviel CO2-Einsparungen erreicht werden müssen – aber er hält sich bei der Benennung des dafür notwendigen Wandlungsbedarfes zurück. Es wissen ja alle, dass die Ziele nicht zu erreichen sind ohne den Abschied vom Verbrennungsmotor, ohne den Kohleausstieg, ohne eine Reduktion des Fleischkonsums, ohne eine ökologische Steuerreform. Es wissen ja alle, dass bestimmte Transformationsaufgaben nicht mit inkrementellen Verbesserungen, sondern nur mit einem klaren Richtungswechsel zu schaffen sind. Und dennoch druckst man herum anstatt sich ehrlich zu machen, dennoch wird aufgeschoben anstatt angepackt. Was läuft da schief? Warum fällt es der Politik so schwer, das Wissen in Handeln zu übersetzen?“

 

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