Treibhausgasneutrale Synthetische Brennstoffe

Beitrag zur Eignung der Energieträger Wasserstoff, Methan, Methanol und Ammoniak als saisonale chemische Energiespeicher von unserem Beirat M. Seelmann-Eggebert

Ein grundsätzliches Problem bei der Nutzung von Wasserstoff und daraus abgeleiteter sekundärer Energieträger zur Rückverstromung, liegt darin, dass zur elektrolytischen Herstellung als Energie der Brennwert aufgebracht werden muss, während in konventionellen Kraftwerken ledig­lich der Heizwert genutzt werden kann. Hierdurch reduziert sich in Kraftwerken, deren Wirkungs­grade üblicherweise in Bezug auf den Heizwert angegeben werden, die nutzbare Energie auf 85%. Brennstoffzellen basieren hingegen auf einer wässrigen Lösung, so dass dieses Problem für sie bei der Rückverstromung nicht existiert. Bei Blockheizkraftwerken lässt sich die Kondensationswärme zumindest thermisch nutzen.

Die untersuchten sekundären Energieträger werden alle in Formierungsreaktionen hergestellt, die exotherm verlaufen. Diese Energie steht für die eigentliche Verbrennungsreaktion nicht mehr zur Verfügung. Der damit verbundene (weitere) Energieverlust fällt für Methanol mit 12% am geringsten und für Methan mit 17% am höchsten aus (siehe Tabelle). Dieser Verlust besteht bei direkter Verwendung von Wasserstoff als Brennstoff nicht.

Wasserstoff, Methan und Ammoniak sind Gase, welche in Gasnetzen transportiert werden können. Für Methan kann das bestehende Erdgasnetz direkt weiterverwendet werden. Für Wasserstoff sind zur Vermeidung von Leckage umfängliche Nachbesserungen oder Neuverlegungen vorzunehmen.

Nutzbarkeit bezogen aufHeizwertBrennwert
Wasserstoff H2100%85%
Methan (CH4)83%70%
Methanol (CH3OH)88%75%
Ammoniak (NH3)87%74%
Tabelle zu Heiz- und Brennwerten verschiedener Energieträger bezogen auf Wasserstoff. Zur elektrolytischen Herstellung muss der Brennwert von 7,09 kWh pro Normkubikmeter eingesetzt werden. Als Energieinhalt von Wasserstoff wird der Heizwert angegeben.

Für einen Transport auf Schiffen ist eine hohe Dichte des Energieträgers erforderlich. Gasförmige Substanzen sind daher unter sehr hohem Druck zu verdichten oder durch Abkühlen zu verflüssigen. Der Kühlaufwand ist dabei für Wasserstoff mit Abstand am höchsten. Der Transport von Methan als LNG ist bereits großtechnisch üblich, aber ebenfalls aufwendig. Ammoniak wird hingegen schon bei relativ hohen Temperaturen flüssig und ist in dieser Form gut zu trans­portieren. Methanol ist indessen schon bei Zimmertemperatur flüssig, so dass mit diesem Stoff ein Raumproblem weder für den Transport noch für die Speicherung besteht.

Für die Speicherung von Erdgas existieren in Deutschland große Kavernenspeicher, die unver­ändert für Methan genutzt werden können. Für Methan ergibt sich eine nominelle Speicher­kapazität von 246 TWh, die in einer treibhausgasneutralen Wirtschaft als saisonaler Speicher aus­reichen dürfte. Theoretisch könnten die Kavernenspeicher auch für Wasserstoff genutzt werden, ein Praxistest steht aber noch aus. Wegen der geringen Energiedichte würde der vor­handene Speicher mit Wasserstoff aber nur für 74 TWh ausreichen. Diese Kapazität ist für einen saisonalen Speicher sehr wahrscheinlich zu gering. Dasselbe gilt für Ammoniak, das nur eine un­wesent­lich höhere Energiedichte als Wasserstoff hat.

Eine Energiewirtschaft, die auf Wasserstoff oder Ammoniak basiert, ist treibhausgasneutral, da bei der Verbrennung lediglich Wasser produziert wird. Bei der Verwendung von Methan, Methanol oder andere synthetische kohlenstoffbasierte Energieträger wie Kerosin muss sicher­gestellt sein, dass das zur Synthese verwendete Kohlendioxid aus einem zyklischen Kreislauf stammt. Dies kann entweder durch aufwendige Rückgewinnung von CO2 aus der Atmosphäre oder den Ozeanen oder durch eine dem Verbrennungsprozess direkt nachgelagerte Abschei­dung erreicht werden.

Bis zur Wiederverwendung muss das abgeschiedene CO2 allerdings vor Ort gelagert und/oder zu einer Lagerstätte transportiert werden. Eine treibhausgasneutrale Energiewirtschaft muss zu diesem Zweck für diesen Hilfsstoff zur Herstellung des sekundären Energieträgers eine zu­sätzliche umfängliche Infrastruktur schaffen. Hier ist grüner Ammoniak im Vorteil, denn Ammoniak bedient sich des Hilfsstoffs Stickstoff, der über die Atmosphäre direkt und jederzeit zur Verfügung steht.

Mit der Anwendung der Elektrolyse steht reiner Sauerstoff im großen Maßstab zur Verfügung. Dies ermöglicht den wirtschaftlichen Betrieb von Kraftwerken mit dem Oxyfuel Prinzip und damit die Abscheidung von Kohlendioxid.

Elektro­lyse, Formierungsanlage und Kraftwerk sollten künftig als Gesamtheit und in Verbindung mit Speichermöglichkeiten für die verwendeten chemischen Stoffe konzipiert werden. Dies hat den Vorteil, dass Wasserstoff und Sauerstoff direkt vor Ort weiterverarbeitet werden können. Da beim Betrieb jeder dieser Anlagen große Mengen an Abwärme anfallen, sollten sie an den Ein­speisepunkten von Wärmenetzen platziert werden. Zusammenfassend sprechen viele Argumente für die Verwendung von Methan oder Methanol als Energieträger an Stelle von Wasserstoff. Das setzt allerdings die Bereitschaft voraus, um­fassende Investitionen für eine CO2-Infrastruktur zu tätigen. Netzausbau und Speicheraufbau sind hingegen auch beim Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft in ähnlichem, wenn nicht höherem Umfang erforderlich.

Die gesamte Analyse finden sie hier.

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