Kurzdarstellung der Analyse von unserem Beirat Dr. M. Seelmann-Eggebert.
Die Residuallast (Strom) ist definiert als die verbleibende Stromlast nach Abzug der aktuellen Leistung der nicht regelbaren erneuerbaren Energien (Sonne, Wind, Wasser, Biomasse) von der aktuellen Gesamtlast (Stromverbrauch).
Die Bundesregierung hat das Ziel bis zum Jahr 2030 etwa 80% des Bruttostromverbrauchs im Jahresdurchschnitt durch Erneuerbare Energien zu decken. Bei der Bilanzierung bleibt unberücksichtigt, dass auf Grund der Schwankungen (der sog. Volatilität) von Wind- und Sonnenstrom ein großer Teil des Stroms keine Verwendung findet, weil er zu falschen Zeiten produziert wird. Da im Stromnetz zu jedem Zeitpunkt ein Gleichgewicht zwischen Erzeugung und Verbrauch herrschen muss, wird dieser Strom heute noch weitgehend abgeregelt. Man bezeichnet dies auch als negative Residuallast.
Zu anderen Zeiten reicht das Angebot an Erneuerbarer Energie nicht zur Deckung des Strombedarfs aus und entsprechend muss das Defizit z.B. durch konventionelle Kraftwerke gedeckt werden, die sog. Positive Residuallast.
Die Residualleistung ist über das Jahr sehr unterschiedlich verteilt, abhängig vom Dargebot von den Erneuerbaren, vor allem Sonne und Windstrom. Die vorliegende statistisch mathematische Analyse der Residuallast von Seelmann-Eggebert (2024) untersucht, wieviel Erneuerbaren Strom und welche Speichererfordernisse erforderlich sind, um die Residuallast zu decken. Sie unterteilt die Residuallast dazu in zwei Anteile:
- den „Interdies“-Anteil, der die Bilanz aus Tagesertrag und Tagesverbrauch widerspiegelt und die saisonale Abhängigkeit einschließt, sowie
- den „Intradiem“-Anteil, der alle Tageszeiten mit Unterdeckung aufsummiert.
Unter der Vereinfachung, dass übers Jahr genauso viel Strom aus Erneuerbaren erzeugt wie verbraucht wird und sich die Tagesverbräuche relativ gleichmäßig über das Jahr verteilen, ergibt sich folgendes Bild.
Wann immer der Tagesertrag einer Solaranlage den Tagesverbrauch übersteigt, kann der Intradiem-Anteil der Residuallast z.B. vollständig durch Batteriespeicher ausgeglichen werden. Pro kWp installierte Leistung Solar ist dabei eine Kurzzeitspeicherkapazität von etwa 1,5 kWh notwendig.
Werden bei einer reinen Versorgung mit Solarstrom keinerlei Speicher oder Maßnahmen zur Lastverschiebung eingesetzt, so beträgt die Residuallast wegen dem großen Intradiem-Anteil bei bilanziell ausgeglichener Jahresversorgung mehr als 60%. Kurzzeitspeicher sind in der Lage unter anderem die Nachtlücke auszugleichen und damit den nutzbaren Solarstrom zu verdoppeln!
Da der Wind auch nachts weht, zeigt Windstrom im Gegensatz zum Solarstrom durchschnittlich keine Korrelation mit der Tageszeit und lediglich schwache saisonale Tendenzen. Grundsätzlich entstehen Unterdeckungssituationen Intradiem in deutlich geringerem Umfang. Bei einer reinen Windkraftversorgung, bei der in der Jahresbilanz genauso viel Windstrom erzeugt wie durch Lasten verbraucht wird, beträgt die Intradiem-Residuallast durchschnittlich etwa 7% und kann schon durch Batterien mit 10% bis 20% Kapazität einer durchschnittlichen Tageslast durchweg überbrückt werden. Überraschenderweise ist die Interdies-Residuallast von Windkraft ähnlich hoch wie bei der Photovoltaik. Auch hier können mehr als 30% des Stroms nicht direkt genutzt werden.
Ein selbstversorgendes System muss hinreichend Überschuss für die Produktion von synthetischem Brennstoff für Residuallastkraftwerke produzieren. Abhängig vom Wirkungsgrad für Rückverstromung gibt es einen Minimalwert für den notwendige Überschuss, um über einen Langzeitspeicher (wie z.B. eine Wasserstofferzeugung mit Rückverstromung) die Interdies-Residuallast zu decken. Dieser Minimalwert beträgt ein Vielfaches der Interdies-Residuallast.
Rechenbeispiel: Wieviel Erneuerbaren Strom braucht es, um die Residuallast vollständig über Kurz- und Langzeitspeicher zu decken?
Unter der vereinfachten Annahme, dass sich die Tagesverbräuche relativ gleichmäßig über das Jahr verteilen, braucht es zur Abdeckung eines Strombedarf von z.B. 750 TWh (100%) eine Ertragsmenge von 1014 TWh (135%) aus Windkraft und Sonnenstrom. Dabei können statistisch etwa 662 TWh des Stroms direkt oder über einen Kurzzeitspeicher (Batterie etc.) genutzt werden, der die Tagesschwankungen ausgleicht. Etwa 351 TWh (47%) des Stroms fallen statistisch zu Zeiten an, in denen er nicht genutzt werden kann
Die gesamte Analyse von unserem Beirat Diplom-Physiker Dr. M. Seelmann-Eggebert findet sich hier.