Die Diskussion fokussierte sich auf Wohnraumsuffizienz, soziale Wohnpolitik und Rekommunalisierung. Caren Lay, Bundestagsabgeordnete der Linken, und Dr. Anke Frieling, CDU-Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft, beleuchteten diese Themen aus unterschiedlichen politischen Perspektiven, konnten aber auch gemeinsame Positionen identifizieren.
1. Soziale Wohnungsfrage und bezahlbarer Wohnraum:
Caren Lay:
Sie betonte die soziale Krise auf dem Wohnungsmarkt, bedingt durch steigende Mieten und den Rückgang von Sozialwohnungen.
Sie schlug vor, Sozialwohnungen dauerhaft als solche zu binden („einmal Sozialwohnung, immer Sozialwohnung“), um Gentrifizierung und Verdrängung entgegenzuwirken.
Lay forderte eine stärkere Rekommunalisierung und den Ausbau gemeinwohlorientierter Wohnungswirtschaft, wie sie in Wien erfolgreich praktiziert wird. Öffentliche Mittel sollten nicht der Rendite privater Investoren dienen.
Zudem müsse die energetische Gebäudesanierung sozial abgefedert werden, da die aktuelle Kostenverlagerung auf Mieter*innen oft zu Existenzängsten führt.
Dr. Anke Frieling:
Sie hob die Bedeutung des Neubaus hervor, insbesondere in wachsenden Städten wie Hamburg, um den Wohnungsmarkt zu entlasten.
Sie sieht in der strategischen Nachverdichtung und Nutzung ungenutzter Flächen entlang von Hauptstraßen großes Potenzial, warnt jedoch vor übermäßiger Regulierung.
Sie betonte, dass private Initiativen entscheidend seien, um Innovationen und Investitionen im Wohnungsbau voranzutreiben.
2. Vorkaufsrecht und rechtliche Rahmenbedingungen:
Caren Lay:
Sie kritisierte die Abschwächung des kommunalen Vorkaufsrechts durch ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, was viele Städte daran hindert, spekulativen Verkäufen entgegenzuwirken. Sie forderte eine Wiederherstellung und Erweiterung dieses Instruments.
Das Recht auf Wohnungstausch wurde von ihr als pragmatische Möglichkeit betont, um bestehende Wohnungen effizienter zu nutzen.
Dr. Anke Frieling:
Sie zeigte sich offen für eine Reform des Vorkaufsrechts, betonte jedoch die Notwendigkeit eines Ausgleichs zwischen staatlichen Eingriffen und privater Freiheit.
Zum Wohnungstausch äußerte sie Skepsis, da viele Menschen an ihrer Wohnung emotional hängen und ein Wechsel oft organisatorisch schwierig sei.
3. Nachhaltigkeit und Bestandssanierung:
Caren Lay:
Neubau sei häufig am Bedarf vorbeigeplant und umweltschädlich. Stattdessen müsse die Umnutzung bestehender Gebäude (z. B. Büros in Wohnraum) stärker vorangetrieben werden.
Sie kritisierte, dass Fördermittel vor allem in den Neubau fließen, obwohl die energetische Sanierung des Bestands für den Klimaschutz entscheidend sei.
Dr. Anke Frieling:
Sie betonte, dass Hamburg Schritte in Richtung Bestandssanierung unternimmt, wobei jedoch finanzielle und bürokratische Hürden oft Fortschritte verzögern.
Gemeinsamkeiten und Differenzen:
Während Lay eine stärkere Regulierung und staatliche Steuerung forderte, setzte Frieling auf die Einbindung privater Investoren.
Beide Referentinnen erkannten die Notwendigkeit bezahlbaren Wohnraums an und sprachen sich für eine stärkere Nachverdichtung und Bestandssanierung aus.
Impuls zu Wohnraumsuffizienz und (Re)Kommunalisierung, Philipp George, Politischer Referent, Klimaschutz im Bundestag e.V.
Hintergrund Mit der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) und dem neuen Wärmeplanungsgesetz (WPG) liegt der Fokus auf der Wärmepumpe und nicht mehr auf der Einsparung von Primärenergie oder der Sanierung der Gebäudehülle. Die neue Situation aus Sicht der Praxis zu bewerten, war Gegenstand des von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt geförderten Projekts „Kommunale sektor- und spartenübergreifende Energieleitplanung (KSSE)“
Der Gesundheitssektor denkt auch über den Klimawandel nach. Einerseits ändert sich unsere Gesundheit durch die Klimakrise. Andererseits muss der Sektor selbst klimaneutral werden — aber wie?
Wir sprachen mit Dorothea Baltruks, Leiterin des Bereichs Wissenschaft und Politik beim Centre for Planetary Health Policy (CPHP). Wie ist das CPHP entstanden? Welche Probleme gibt es konkret im Gesundheitssektor auf dem Weg zur Klimaneutralität — von klammen Kassen bei Kliniken bis hin zur internationalen pharmazeutischen Lieferkette. Und wie ändern sich die Krankheitsbilder im Klimawandel?
Aus dem Bundestag waren außerdem zu Gast auf dem virtuellen Podium:
Dr. Georg Kippels, CDU/CSU, Anwalt, Obmann im Gesundheitsausschuss und im Unterausschuss Globale Gesundheit
Johannes Wagner, Bündnis 90/Die Grünen, Arzt, Stellv. Vorsitzender Unterausschuss Globale Gesundheit, Ordentliches Mitglied Gesundheitsausschuss
Tina Rudolph, SPD, Ärztin, Obfrau Unterausschuss Globale Gesundheit, Mitglied Gesundheitsausschuss
Am 19.11. von 19 – 20 Uhr ging es um eine Grundsatzdiskussion: Messen wir Wirtschaftswachstum richtig? Was macht unsere Vorstellung von wirtschaftlichem Erfolg mit unserer Gesellschaft und der Erde? Zu Gast waren:
Dr. Martin Oetting, Filmemacher. Sein aktueller Film “Purpose“ feiert am 25.11. auf deutsch seine Premiere in Berlin. Dr. Oetting hat einen Auszug gezeigt und mit uns diskutiert, wie es zu diesem Film kam.
Prof. Dr. Hermann Ott, ehemaliger Bundestagsabgeordneter (Grüne). Er schob die Enquete-Kommission Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität (2010-2013) voran und schrieb den Abschlussbericht der Projektgruppe, die sich mit der Entkopplung des Ressourcenverbrauchs beschäftigte (Drucksache 17/13300).
In Oettings Film geht es vor allem um zwei Personen: Lorenzo Fioramonti und Katherine Trebeck. Prof. Fioramonti hat in der italienischen Politik in den Jahren 2018 und 2019 als italienischer Vize- und dann Bildungsminister versucht, das Wohlergehen der Bürger*innen und der Umwelt (“well-being”) gegenüber dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) stärker zu priorisieren. Trebeck ist politische Ökonomin; sie hat im Jahr 2018 wesentlich die Gründung der ‘Wellbeing Economy Governments’ vorangetrieben – ein Bündnis, welches in seinen Mitgliedsländern – Schottland, Neuseeland, Island, Wales und Finnland – die Arbeit mit neuen Fortschrittsindikatoren vorantreiben soll.
Mit Hermann Ott wollten wir einen Rückblick auf die nun 11 Jahre zurückliegende Enquete-Kommission werfen, die sich ähnliche Ziele gesetzt hatte. Wozu hat sie geführt? Und vor allem: Wie werden Änderungen an der Methodik fürs BIP heute in der Politik erörtert?
Da der mediale Mainstream hierzulande “Wachstum des BIP” weiterhin als nicht verhandelbare Grundlage allen politischen Handelns betrachtet, haben wir keine kritischen Stimmen für die einstündige Diskussion mit Fragerunde eingeladen. Der Moderator, Craig Morris (Vorstand von KiB), schreibt selbst seit zwei Jahrzehnten über neue Wirtschaftsformen und kennt die Kritik. Er hat einige Punkte zusammengefasst und zur Diskussion gestellt. Vor allem stellte sich eine Frage: Ist es wirklich so wichtig, dass wir das BIP anders messen?
Ziel des einstündigen Zooms war es nicht, ein Gegenmodell vorzustellen. Vielmehr ging es um die Frage, was der Traum vom endlosen Wachstum mit unserer Gesellschaft anrichtet und was ein gutes Gegenmodell bringen würde – ob der Klimaschutz ein anderes BIP braucht. Wenn ja, was ist unser nächster Schritt?
Ein Teil der Anwesenden hat beschlossen, sich nochmal dazu auszutauschen.
Mit Politik und Wissenschaft haben wir über folgendes Thema gesprochen:
Die Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, jedes Jahr 400.000 neue Wohnungen zu bauen. Der klassische Neubau hat aber gravierende Nachteile: Ein hohes Maß an Flächenversieglung, CO2-intensiv und hohe Mieten. Darum werfen wir einen Blick auf die Potenziale im Bestand. Studien gehen davon aus dass durch folgende Maßnahmen bis zu 330.000 Wohnungen zusätzlich im Bestand hergestellt werden können: Teilung von Einfamilienhäusern zu kleineren Wohneinheiten, die Umwidmung und der Umbau von Bürogebäuden zu Wohnraum, die Aufstockung von Wohngebäuden und die Aufstockung von Nichtwohngebäuden. Daneben gehen wir auf aktuelle politische Entwicklungen ein: Der aktuelle Haushalt sieht die Streichung des Förderprogramms „Altersgerecht Umbauen“ vor, welches 2024 noch mit einem Etat von 150 Millionen Euro eingeplant. Und wir diskutieren welche Vorteile durch die angekündigte Baugesetzbuchnovelle in Bezug auf die leichtere Umsetzung von Umbauprojekten zu erwarten sind.
Wissenschaft:
Anja Bierwirth: Leiterin des Forschungsbereichs Stadtwandel am Wuppertal Institut, Projektleiterin „OptiWohn„, Architektin, Umweltwissenschaftlerin, Tischlerin
Politik:
Hanna Steinmüller: MdB (Grüne), Berichterstatterin für Wohnen und Bauen, Mitglied im Ausschuss für Wohnen, Bauen, Stadtentwicklung und Kommunen
Moderation: Philipp George, Politischer Referent, Klimaschutz im Bundestag e.V.
Fragen und Antworten aus dem Chat
Unser Mitarbeiter Philipp George hat für Sie die Fragen beantwortet, die im Chat während der Veranstaltung aufgetreten sind, in der Publikumsphase aber nicht behandelt werden konnten.
Am 9. September 2024 ging es um die Rechtsbereinigung. Kommunen, Unternehmen, Verbände — alle beschweren sich über die wachsende Komplexität in der Gesetzgebung. Wir gingen der Frage nach, woran das liegt, und suchen mit unseren Podiumsteilnehmern nach Lösungen:
Thomas Heilmann, Bundestagsabgeordneter für die CDU und Vorsitzender der Klimaunion. Er hat erfolgreich gegen die voreilige Verabschiedung des Gebäudeenergiegesetzes und erfolglos gegen die schnelle Verabschiedung des Klimaschutzgesetzes geklagt. Herr Heilmann sagte, er würde sich an den Juristenverband der CDU wenden und im bevorstehenden Hauptsacheverfahren vor dem Verfassungsgericht Vorgaben für die Politik durchzusetzen.
Andreas Grosse, Fachanwalt für Verwaltungsrecht bei der Kanzlei Becker, Büttner, Held: er hat die Situation aus der Sicht eines Juristen beleuchtet und Vorschläge für eine Verbesserung gemacht.
Dabei muss zwischen Bürokratieabbau und Rechtsbereinigung unterschieden werden. Ziel ist es nicht, den Staat zu schwächen und dem Markt alles zu überlassen, sondern die Gesetze auf ein sinnvolles und handhabbares Maß zu reduzieren. Wir konzentrierten uns dabei und konkrete Beispiele aus der Energiewende und dem Klimaschutz.
Seit den 50er Jahren wächst die Pro-Kopf-Wohnfläche in Deutschland kontinuierlich. Gleichzeitig erleben wir, dass immer mehr Menschen in zu kleinen oder zu großen Wohnungen leben – ein klarer Hinweis darauf, dass unser Wohnraum zunehmend schlecht verteilt ist. Dies wirft die Frage auf: Haben wir genug Wohnraum, der nur ineffizient genutzt wird? In unserer Online-Podiumsdiskussion werden wir tiefgehend erörtern, welche Chancen darin liegen, den Wohnungsmarkt stärker bedarfs- und weniger finanzorientiert zu gestalten. Wir diskutieren mögliche Lösungsansätze und Instrumente wie:
Die in der Schweiz bei Genossenschaften und kommunalen Wohnungsunternehmen praktizierte n+1 Regel, die eine Obergrenze für die Zimmeranzahl in Relation zur Haushaltsgröße setzt.
Eine Wohnraumsteuer, die Wohnflächen z.B. über 50 qm pro Person besteuert.
Kommunale Dienstleistungen wie Umzugsboni, Beratung, Tauschbörsen etc.
Diese Maßnahmen könnten dazu beitragen, den Wohnraum gerechter zu verteilen und dabei soziale wie ökologische Politikziele zu erreichen.
Diskutant*innen:
Jonas Lage, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Norbert Elias Center for Transformation Design & Research der Europa-Universität Flensburg, forscht an der Schnittstelle von Energiewissenschaften, Transformationswissenschaften und Soziologie.
Franziska Mascheck, SPD-Bundestagsabgeordnete aus dem Wahlkreis Leipzig-Land, ordentliches Mitglied im Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen und stellvertretende Sprecherin der gleichnamigen SPD-Arbeitsgruppe, engagiert sich in der SPD-Begleitgruppe „Klimaschutz und Transformation”.
Moderation: Philipp George, politischer Referent, Klimaschutz im Bundestag e.V.
Aufzeichnung
Folien
Wohnraumsuffizienz Welche Instrumente brauchen wir, um Wohnraum besser zu verteilen?, Jonas Lage, Europa-Universität Flensburg
Living on Less Sufficiency-enabling Policies as a Lever for a Social and Ecological Housing Transition in Germany, Carolina Niewöhner, TU Delft
Fragen aus dem Chat (mit Antworten vom Team „Klimaschutz im Bundestag“ und Franziska Mascheck)
Deutschland setzt auf Wärmepumpen — dabei bauen die Franzosen seit Jahren die meisten Wärmepumpen von allen EU-Ländern ein. Was macht Frankreich besser? Können wir in der Wärmepolitik etwas von ihnen lernen? Und gibt es sonst Bereiche in der Wärme- oder Kommunalpolitik, wo Frankreich mit gutem Beispiel vorangeht?
Wir sprachen mit:
Alexandre Schütze, Projektleiter bei solares bauen GmbH (Vortrag)
Dr. Julia Plessing, Projektleiterin Deutsch-Französisches Zukunftswerk am RIFS (Vortrag)
Sven Roesner, Geschäftsführer des Deutsch-französischen Büros für die Energiewende (Vortrag)
Ein Mitschnitt ist auf unserem YouTube-Kanal zu sehen.
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