„Die bisherigen Emissions-Reduktionsraten reichen bei weitem nicht aus, um die Klimaschutzziele für 2030 zu erreichen – weder in der Summe noch in den einzelnen Sektoren,“ stellt Thomas Heimer vom Expertenrat für Klimafragen (Klimarat) Ende 2022 fest. Im Vergleich zur historischen Entwicklung müsste Deutschland pro Jahr mehr als doppelt so viel Emissionen reduzieren als im Mittel der letzten 10 Jahre. „Im Industriesektor wäre etwa eine 10-fache und bei Verkehr sogar eine 14-fache Erhöhung der durchschnittlichen Minderungsmenge pro Jahr notwendig.“
Das bisherige Ausbautempo bei Solar- und Windenergieanlagen (PM Bundestag vom 11.1.2023, Bundesnetzagentur 2022), Wärmepumpen oder der Elektromobilität wird laut dem Zweijahresgutachten des Klimarats bei weitem nicht ausreichen, um die jeweils anvisierten Ausbauziele der Regierung zu erreichen.
Und auch beim Thema Wasserstoff gibt es bislang nicht genug Ausbauprojekte. Bis 2030 sollen nach dem Willen der Bundesregierung Wasserstoffproduktionsanlagen im Umfang von 10 GW in Deutschland in Betrieb sein. Erste Analysen zeigen, dass bislang erst halb so viel geplant sind (Acatech, 4.8.22).
Hinzu kommen Risiken aus der Abhängigkeit Deutschlands von wenigen Ländern, z.B. bei Solarstrommodulen oder Windradkomponenten. Nur ein Bruchteil der für die Transformation notwendigen Rohstoffe können in Europa wirtschaftlich gefördert werden. Zu diesem Ergebnis kam die EU-Kommission bereits im Jahr 2020. Dazu gehören z.B. Seltene Erden für Windräder, Graphit und Lithium für Batterien oder Platingruppenmetalle für Elektrolyseure. Die Liste ist seit 2011 von ursprünglich 14 auf inzwischen 30 “kritische Rohstoffe” angewachsen. Für die meisten von ihnen ist die Volksrepublik China der weltweit der größte Lieferant. Lieferausfälle würden die Umsetzung der Energiewende nicht nur in Deutschland massiv gefährden.
Eine Strategie zu mehr Anreizen für Suffizienz, also der möglichst weitgehenden Verringerung des Rohstoff- und Energieverbrauchs, fehlt bislang. Verhaltens- bzw. Suffizienzmaßnahmen wirken schnell, da sie den Bedarf/Einsatz von energieaufwendigen Technologien (BECCS, DAC) reduzieren sowie Flächen und den Bedarf an anderen wichtigen Ressourcen (Wasser, Rohstoffe) einsparen (vgl. z.B. Costa 2021). Ob Bundeskanzler oder Oppositionsführung (Weimarer Erklärung), beide setzen auf technologische Innovation bzw. Modernisierung. Sie gehen davon aus, dass die Klimaziele mit Verzicht oder Verboten nicht zu erreichen sind. Ob die Klimaziele ohne Suffizienzmaßnahmen zu erreichen sind, wird vom Klimaschutz im Bundestag e.V. und anderen bezweifelt. Für parteiübergreifende Gesetzesinitiativen zum Klimaschutz durch Suffizienzanreize aus dem Bundestag heraus bleibt genug Raum.