Am 20.1.2025 startete der persönliche Wahlcheck für die Bundestagswahl. Gut 30 Tage lief die Umfrage. Welche Antworten gab es auf die acht Fragen, die die fünf NGOs gestellt haben? Wichtig: #wählbar25 war anders als fast alle anderen Wahlchecks, denn es ging hier um die Erststimme, nicht um das abgestimmte Parteiprogramm. Von Craig Morris.
Auf der #wählbar25-Webseite kann man sowohl die Fragen nachlesen. als auch die Antworten finden. Kandidierende kann man nach Namen oder PLZ bzw. Wahlkreis suchen – oder man schaut sich die Ergebnisse nach Partei an. Heute will ich jedoch andere Ergebnisse vorstellen, die man bei einer Gesamtanalyse feststellt.
Zunächst eine Klarstellung: An Wahlchecks hat es auch diesmal nicht gemangelt. Doch bei fast allen anderen ging es um die aktive, persönliche Meinung der Kandidierenden. Als Beispiel kann der Wahlcheck des Rainer-Lemoine-Kollegs gelten: Die Expert*innen vom RLK haben die Wahlprogramme der Parteien analysiert und ihre Ergebnisse visualisiert. Die Politiker*innen müssen nicht teilnehmen, nachdem die Parteien ihre Programme veröffentlicht haben. Solche Wahlchecks geben für die Zweitstimme Orientierung. Der bekannteste dieser Art ist das Wahl-O-Mat.
Für die Erststimme ist es jedoch nützlich, die persönliche Meinung einzuholen. Das erfordert die aktive Teilnahme der Person. Im Grundgesetz heißt es ohnehin, dass Abgeordnete nicht der Parteidisziplin verpflichtet sind („an Aufträge und Weisungen nicht gebunden”), sondern “nur ihrem Gewissen unterworfen” sind. #wählbar25 war in dieser Hinsicht eine gute Ergänzung für die Erststimme zu den vielen anderen Wahlcheks für die Zweitstimme.
Insgesamt waren die Teilnehmenden leider linkslastig: Die Grünen, SPD und Linke machen rund 85% der Antworten aus. „Bleibt“ in der Graphik unten bedeutet, dass die Personen zur Wiederwahl standen.

Die acht Fragen wurden mit den Projektpartnern zusammengestellt: German Zero, Together for Future, Bürgerlobby Klimaschutz, und Bund der Energieverbraucher. Bei jeder Frage könnten die Teilnehmenden einen Freitext schreiben oder eine der von uns formulierten Antworten ankreuzen.
Bei der ersten Frage zur Klimaneutralität bis 2045 zeigte sich eine große Bereitschaft dafür, dass das Ziel beibehalten oder sogar vorgezogen wird. Die FDP sprach sich im Freifeld dafür aus, dass das deutsche Ziel dem europäischen fürs Jahr 2050 angepasst wird – de facto eine Lockerung des Ziels.

Bei der zweiten Frage ging es um Strompreiszonen. Deutschland hat nur eine Preiszone, Brüssel (bzw. die Netzbehörde ACER) hat 2-5 für Deutschland modelliert, diskutiert wird aber auch ein System mit Dutzenden oder mehr Preiszonen. Hier zeigte sich, dass die Politik kaum für den Vorschlag aus Brüssel offen ist: Entweder wollen die Politiker*innen eine Einheitszone beibehalten, oder sie wollen lokale, dynamische Preise (siehe dazu unseren Vorschlag).

Bei der dritten Frage ging es darum, ob neuer Wohnraum wie bisher vorwiegend durch Neubau hinzukommen oder durch Alternativen im Bestand entstehen soll. Hier zeigt sich in der Graphik eine große Offenheit für den Umbau im Bestand. Bei einem näheren Blick in „Andere“ wird klar, dass viele sich beide Optionen wünschen: Neubau und Umbau gleichzeitig (siehe dazu unsere Arbeiten).

Bei der vierten Frage ging es darum, ob Kommunen – wo Maßnahmen für den Klimaschutz und -anpassung ohnehin vorwiegend stattfinden – finanziell für die Aufgaben ausgestattet werden sollten, indem diese Maßnahmen zur Pflicht gemacht werden. Die meisten Teilnehmenden waren dafür. Übrigens: KiB hat 2022 ein Webinar zu diesem Thema gemacht.

Die Schuldenbremse ist inzwischen bereits reformiert worden. Als wir danach fragten, waren die Parteien links der Mitte dafür, die anderen eher dagegen. Bei der CDU sprachen sich 8 von 10 Teilnehmenden dagegen aus, wenn man die Antworten im Freitext dazu zählt.

Klimaschädliche Subventionen im Verkehr sind in den letzten Jahren oft kritisiert worden. Die meisten Teilnehmenden sind für eine Reform, viele weisen jedoch auf die Notwendigkeit eines sozialen Ausgleichs hin.

Dann kam die Frage zum Stromspar-Check. In diesem Programm werden Langzeitarbeitslose dazu ausgebildet, in einkommensschwachen Haushalten Stromspar-Tipps zu geben. Der Konsens, dass das Programm verstetigt werden sollte, war sehr groß. In den Freitexten haben wir jedoch erkannt, dass einige Teilnehmende das Programm vorher nicht kannten. Mit #wählbar25 konnten wir also ein gutes Programm bekannter machen.

Damit sind wir bei der letzten Frage angekommen: Sind Sie für einen nationalen Mindestpreis im EU-ETS 2? Diese Frage war wohl die komplexeste, weswegen es die meisten Antworten als Freitext gab. Hintergrund: Die CO2-Abgabe auf Wärme und Verkehr hat Deutschland bereits, bis 2027 muss sie aber in den europäischen Emissionshandel II (EU-ETS II) überführt werden. Die deutsche CO2-Abgabe ist fix, die europäische wird (wie im ETS I für Strom) fluktuieren. Hier gab es wenige feste Antworten, sondern eher ausweichende: Man müsse vor allem die Abgabe sozialer gestalten, wenn sie höher steigt.

Fazit insgesamt
Die fünf NGOs hinter #wählbar25 haben sich auf acht kurze Fragen verständigt, um uns an eine neue Vereinbarung der demokratischen Parteien zu halten. Am 5.12. verabredeten die Parteien, dass jede Partei fünf Verbände/Vereine nominieren darf, um Wahlchecks einzureichen. Insgesamt sollten es also nicht mehr als 30 Wahlchecks geben (2021 gab es offenbar rund 850). Außerdem durften die Fragen nicht länger als 300 Zeichen lang sein. Wir haben uns vorauseilend daran gehalten in der Hoffnung, dass mehr Kandidierende teilnehmen – denn #wählbar25 wurde nicht nominiert.
Insgesamt haben 283 Kandidierende teilgenommen. 2021 waren es bei #wählbar2021 1.119. Allerdings lief die Umfrage 2021 gut 100 Tage. Pro Tag haben diesmal rund 16% weniger Kandidierende als 2021 teilgenommen: 9,4 pro Tag statt 11,1 damals.
Der Rückgang hat vor allem zwei Gründe. Neben der oben erwähnten Vereinbarung fehlten in der Liste der Kandidierenden, die wir von einem Verlag gekauft haben, zwei wichtige Parteien, weil sie noch im Dezember unter der 5%-Hürde lag: Das BSW und die Linke (bis auf 12 Kandierende). Wir haben bei den kleinen Parteien die Parteizentralen gebeten, unsere Einladung intern an alle weiterzuleiten, aber der Erfolg blieb leider mäßig – bis auf die Linke. Am Ende konnten wir 2025 nicht so viele einladen, wie vor dreieinhalb Jahren teilgenommen hatten – wir kamen einfach nicht an die Daten.
2021 war die Teilnahme auch linkslastig, aber zumindest haben 147 aus der FDP teilgenommen. Diesmal fehlte die FDP fast komplett. Bereinigt um die kürzere Zeit war die Teilnahme bei der Union dieses Mal sogar besser: 10 Antworten im Vergleich zu 25 im Jahr 2021 mit einer gut dreimal längeren Projektlaufzeit.
Auch wenn die Teilnahme bei der SPD und den Grünen stärker war, so richtig individuell haben viele nicht geantwortet. Recht oft fanden wir denselben Freitext bei diesen Parteien, der einfach kopiert worden war.
Trotzdem finden wir, dass es einen solchen Wahlcheck für die Erststimme geben sollte. German Zero hat mit seinen Local Zero Ortsgruppen etwas ähnliches auf Wahlkreisebene gemacht. Thematisch breiter aufgestellt hat es auch abgeordnetenwatch gemacht. Falls die Parteien bei den nächsten Bundestagswahlen wieder vereinbaren, nur auf nominierte Wahlchecks zu reagieren, könnten sich die Klima-NGOs vorher zusammentun, um einen Wahlcheck für die Erststimme gemeinsam zu gestalten, und um eine Nominierung werben.