Wirksamer CO2-Preis droht zu scheitern

Lange: Klimaziele der Bundesregierung mit Emissionshandel für Heizen und Verkehr nicht zu erreichen

Der Bundesregierung droht mit ihrem CO2-Preis ein Scheitern in der Klimapolitik. Trotz zahlreicher rechtlicher Bedenken, offener Fragen und unsicherer Beiträge zum Klimaziel 2030 zeichnet sich im Koalitionsausschuss eine Grundsatzentscheidung zugunsten eines Emissionshandels für Heizen und Verkehr ab. Am 20. September will das Klimakabinett wirksame Maßnahmen zum Klimaschutz beschließen.

„Mit einer Vorentscheidung für Heizen und Verkehr einen Zertifikatehandel einzuführen droht die Bundesregierung nach den Klimazielen 2020 auch die Ziele für 2030 zu verfehlen“, sagte Dr. Jörg Lange, geschäftsführender Vorstand des CO2 Abgabe e.V. „Eine Ausweitung des Emissionshandels, wie sie von CDU und CSU befürwortet wird, ist für das Erreichen der Klimaziele 2030 ungeeignet, rechtlich umstritten und erst ab 2030 eine realistische Option.“ Laut einer Studie der Agora Energiewende könnte ein Emissionshandel erst mit erheblicher zeitlicher Verzögerung eingeführt werden und wirken. „Ein Emissionshandel für Heizen und Verkehr ist mit sehr viel Bürokratie, zahlreichen Berichtspflichten, komplizierten finanzmarkttechnischen und rechtlichen Anpassungen verbunden, die nicht von heute auf morgen umgesetzt werden können“, warnte Lange. Ein deutscher Alleingang müsse zudem anschlussfähig in Europa bleiben. Dies erschwert Umsetzung und Wirksamkeit.

Die Alternative eines Fix- oder Höchstpreis-Handels, wie sie CDU und CSU vorschwebt, ist laut einer Studie der Hochschule für Wirtschaft und Recht rechtlich nicht umsetzbar. In beiden Systemen sind keine Obergrenzen für Zertifikate möglich und verstoßen somit gegen die geltende Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Dem Gerichtsurteil nach müsse es das Ziel des Handels sei, die Emissionen zu begrenzen. Sowohl mit einem Fix- als auch mit einem Höchstpreis wäre die Menge an Zertifikaten aber unbegrenzt, da Autofahrer sonst irgendwann nicht mehr tanken könnten. Zudem besteht die Gefahr, dass es bei einer Überführung eines Fixpreis-Handels in eine freie Preisbildung am Markt zu enormen, unkalkulierbaren Preissprüngen zulasten von Haushalten und Autofahrern käme. „In einem Emissionshandel hätten sie keine ausreichende Zeit zur Anpassung und damit keine Chance, CO2-Kosten zu vermeiden, da es an klimafreundlichen Alternativen mangelt“, so Lange. Damit würde eintreten, was CDU und CSU mit einem Emissionshandel eigentlich vermeiden wollen. Haushalte und Autofahrer drohen ohne Klimaschutzwirkung überfordert zu werden. Die Idee, den Markt bei Preisexplosionen durch Wiederaufforstung oder Moorrenaturierung mit zusätzlichen Zertifikaten zu fluten, öffnet Missbrauch Tür und Tor und verwässert das Instrument weiter.

Dem CO2 Abgabe e.V. nach sind auch unterschiedlich schwankende CO2-Preise für Kraftwerke und Industrie im bestehenden Emissionshandel auf der einen und deutlich abweichende CO2-Preise durch einen nationalen Emissionshandel für Haushalte und Autofahrer auf der anderen Seite keine Lösung. „Ohne, dass eine Tonne CO2 für jeden das gleiche kostet gibt es keine verursachergerechten Preise und keine effiziente Sektorenkopplung“, erläuterte Lange. Die von den Unionsparteien gewollten  unterschiedlichen volatilen Preise führen zu ähnlichen Fehlanreizen zulasten klimafreundlicher Technologien, wie die heutigen bereits bestehenden staatlich veranlassten Preisbestandteile auf Energie, die es gerade zu ändern gelte.

Der CO2 Abgabe e.V. fordert stattdessen eine Reform der bestehenden Steuern und Umlagen auf Energie. „Am einfachsten umsetzbar und am schnellsten wirksam wäre das Energiesteuergesetz an den Treibhausgasen fossiler Energieträger auszurichten und einen CO2-Mindestpreis im Emissionshandel einzuführen“, empfahl Lange. Einer Studie des CO2 Abgabe e.V. nach würde allein ein Mindestpreis in der Stromerzeugung 200 der 300 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalente kosteneffizient einsparen, die zum Erreichen der deutschen Klimaziele 2030 notwendig sind. Voraussetzung dafür ist ein einheitlicher, sektorübergreifender Preis – wie von den Wirtschaftsweisen gefordert – in Höhe von 40 Euro je Tonne CO2äq, der bis 2030 auf 90 Euro kalkulierbar ansteigt. Haushalte, Autofahrer und Unternehmen hätten mit einem sanften Preisanstiegspfad im Gegensatz zum Vorschlag der Union ausreichend Zeit zur Anpassung, um hohe CO2-Kosten zu vermeiden und einen wirksamen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.

Medieninfo 13. September 2019 als pdf hier

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Für Rückfragen: CO2 Abgabe e.V., Ulf Sieberg, Leiter Büro Berlin, Tel. 0152 553 70 200, Ulf.Sieberg@klimaschutz-im-bundestag.de

Hintergrund: Der CO2 Abgabe e.V. ist eine Gruppe von mehr als 1.000 Unternehmen, Verbänden, Kommunen und Einzelpersonen, die für eine wirksame Lenkungsabgabe auf Treibhausgase (CO2 u.a.) eintritt, um die zahlreichen Umlagen und Steuern auf Energie in Deutschland am Klimaschutz neu auszurichten. Zu den Gründungsmitgliedern gehören u.a. Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker, Thomas Jorberg (Vorstandssprecher der GLS Bank und Rudolf Kastner (Vorstand im Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft). Weitere Informationen hier.

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